die Presse über 'Bohème Sauvage'

zurück zu "Wissenswertes"

---------------------------------------------------------------------------

Hamburger Abendblatt /20. Dezember 2010

Die Sehnsucht nach mondäner Lebenslust
Von Caroline Rudelt

aus: http://www.abendblatt.de/shopping-hamburg/reportage/article1733799/Die-Sehnsucht-nach-mondaener-Lebenslust.html

Wasserwellen und Knickerbocker: Auf der "Bohème Sauvage" wird in Hamburg regelmäßig der Stil der zwanziger Jahre zelebriert.

Vier Stockwerke sind es in die Vergangenheit. Eine kurze Fahrt im Aufzug, der sich mühsam Etage für Etage vorarbeitet. Es riecht nach süßem Parfüm und Haarspray, vereinzelt werden Lippen nachgezogen, Haare gekämmt. Mit einem Ruck hält der Fahrstuhl. Ein Concierge mit perfekt gestutztem Menjou-Bärtchen öffnet die Metalltüren. Nach einigen Schritten ist man angekommen – in einer anderen Zeit. Es ist nicht mehr das „Uebel & Gefährlich“ an der Feldstraße, in dem man sich befindet, nicht der Dezember 2010. In diesem Saal mit den schweren Samtvorhängen werden die zwanziger Jahre zurückgeholt. Die Damen tragen taillierte Kleider und Pelzstola. Herren mit Einstecktuch im Smoking flanieren über das Parkett. Im Hintergrund spielt ein Grammophon. Eine Männerstimme singt, etwas kratzig, von Liebe und Schmerz.

Zum dritten Mal hat die „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“ zur „Bohème Sauvage“ in Hamburg geladen. Keine Mottoparty mit billiger Kostümierung. Wer hier feiert, der möchte die Epoche erleben. Der möchte eintauchen in diesen Lebensstil, in die Kultur der Bonvivants und Dandys.

„Wir zelebrieren ein rauschendes Fest zu Ehren der Helden der vergessenen Nächte“, beschreibt es Else Edelstahl. Sie steht an der Bar, vor ihr ein Glas Absinth, das Getränk dieses Abends. Hübsch ist sie, mit ihrer platinblonden Wasserwelle, den roten Lippen und dunkel geschminkten Augen. Else kennen viele der Gäste. Ein Herr mit Stock und Melone bleibt kurz stehen, haucht einen Kuss auf ihren Handschuh. „Werte Dame, es ist immer wieder formidable bei Ihnen“, sagt er und geht weiter, seine weibliche Begleitung im Fransenkleid eingehakt.

Fräulein Edelstahl ist die Gastgeberin der Gesellschaft. 2004 begann sie als Inga Jacobs, Skandinavikstudentin aus Berlin-Friedrichshain, mit einer Privatfeier in ihrer WG. Sie hatte genug von den Partys, auf denen viel getrunken und wenig getanzt wurde. Wo Jeans und Chucks zur Abendgarderobe gehörten. Das Fest, der Salon, war ein Erfolg – und aus Inga wurde Else. Seit 2006 veranstaltet sie einmal im Monat die „Bohème Sauvage“ in Berlin, mittlerweile expandiert man in den Norden. Die Nachfrage ist ungebrochen. 300 bis 600 Gäste kommen, je nach Größe des Veranstaltungsortes.

Die Faszination? „Ohne Grund mondän zu sein“, erklärt es Max von Zimmer. Der Herr im maßgeschneiderten Anzug, Gamaschen und Melone heißt eigentlich Jürgen. Seinen Nachnamen möchte er nicht verraten. Der sei schließlich unwichtig an diesem Abend. Heute zählt nur seine Rolle.

Es ist ein Spiel, das viele der Anwesenden in absoluter Perfektion beherrschen. Die Idee, sich nicht nur entsprechend der Epoche zu kleiden, sondern sich auch so zu fühlen, das reizt sie. Tagelang wird an dem Outfit gefeilt. Es muss authentisch wirken, das verlangt der Dresscode. Moderne Kleidung, schrille Kostüme oder Perücken sind nicht erwünscht.

Raphael Lorenz und Nathalie Deutsch aus Bramfeld haben sich Kleid und Anzug in London schneidern lassen. Beide lieben die Mode der 20er und 30er-Jahre – nicht nur für eine Nacht. „Ich trage die Kleidung im Alltag. Das ist einfach stilvoller“, sagt Raphael, nickt dabei einer Frau im knöchellangen Mantel zu, die bedächtig an ihrer silbernen Zigarettenspitze zieht. Man kennt sich, verabredet sich über Foren wie Swingstyle.de zum Tanzkurs, stöbert in Läden wie Herr von Eden oder Recession by Marla nach eleganter Retro-Mode.

Was diese schillernden Gestalten der Nacht eint, ist aber mehr als eine Kleiderordnung. Es ist die Sehnsucht nach einem Lebensgefühl. Nach Abenteuer und Genuss. In einer Zeit, in der über Facebook und Twitter kommuniziert wird, anonym, schnell und unverbindlich, wo viele Unsicherheiten und Ängste den Alltag bestimmen, wächst das Verlangen nach Werten und Etikette. Die Halt geben, ohne ein Korsett zu schnüren. Die Goldenen Zwanziger waren Jahre des Umbruchs und Aufbruchs. Frauen trugen nach Vorbild Coco Chanels Hosenanzüge und kurze Haare. Es wurde Charleston und Swing getanzt, Jazz gehört. Die Abende, besonders in Berlins prächtigen Sälen, waren lang, voller Musik, Alkohol und ausgelassener Atmosphäre.

Heute, sagt eine junge Frau mit Pelzhütchen, hetze doch jeder für sich durch das Leben. Und was sei die digitale Gemeinschaft schon gegen diese reale Geselligkeit? Sie zieht zum Beweis ein Papierstück aus ihrer mit Perlen bestickten Handtasche. „Darf ich Sie zum Tanz bitten?“, ist darauf zu lesen. Die Depesche wurde ihr zugestellt, jeder Gast hat sie für diesen Abend erhalten. Niemand muss hier auf der Tanzfläche alleine bleiben.

An den Pokertischen verzocken derweil fünf Männer ihre Reichsmark. Zwanzig Millionen-Scheine wurden beim Einlass ausgeteilt – es herrscht schließlich Inflation. Die Burlesque-Tänzerin Xarah von den Vielenregen räkelt sich auf der Bühne, der Absinth neigt sich dem Ende zu. Und auch die Gesellschaft bricht gegen fünf Uhr morgens langsam auf. Mäntel werden von der Garderobe geholt, die Pumps gegen flache Winterstiefel getauscht. Am Ausgang, kurz vor dem Fahrstuhl, bleibt eine Frau mit Federboa und Perlenschmuck im Haar stehen. „Ich mache noch eine Foto von euch“, sagt sie zu ihren Begleiterinnen und zieht ein iPhone aus der Tasche. Die Reise ist vorbei. Nun kehren sie zurück, die Fräuleins, Bohemiens und Adeligen dieser Nacht. In ihr Leben, in die Gegenwart.

 

---------------------------------------------------------------------------

La Gazette de Berlin /09. März 2010

Von François Tillette

aus: http://www.lagazettedeberlin.de/6001.html

Berlin a une particularité étonnante, le week-end, on peut se retrouver dans des soirées où seul le plaisir simple du jeu est à l'honneur. Ce phénomène peut s'observer fréquemment dans différents endroits de la ville. Par exemple, lorsque l'hiver le permet, une gigantesque bataille de boule de neige oppose le quartier de Kreuzberg à celui de Neukölln au Görlitzer Park, de même, la Villa, sorte de maison hantée à Landsbergerallee, est un endroit où l'on peut passer des nuits à jouer au poker déguisé en mafieux russe, le Schmutzige Hobby quant à lui, littéralement, "hobby sale", est un bar gay où le gérant organise une sorte de jeu télévisé permettant de gagner des prix. Il existe également des concepts de soirée qui continuent sur plusieurs années, comme c'est le cas pour le fabuleux monde de la Bohème sauvage.

Bienvenue

Un samedi soir, aux alentours de 22h30, les badauds présents sur la Rosa Luxembourg Platz dans le quartier de Mitte, voient défiler devant leurs yeux un surprenant cortège rassemblant Bohémiens, divas, gigolos, mafiosi époque prohibition, dandys, danseuses de cabarets ou encore de French cancan. Ces personnes venues d'un autre temps se sont données rendez-vous pour faire la fête. Papillonnant entre plumes et volutes de cigares, ce singulier groupe se dirige petit à petit vers l'entrée du Grüner Salon, proche du foyer légendaire de la Volksbühne. Un petit homme au visage tout peinturluré de vert et de rose, faisant penser à la fée qui habite le fond des verres d'absinthe, vous accueille le sourire aux lèvres. Il vous tient la porte et vous propose un Grand Marnier chaud le temps de passer au vestiaire puis d'entrer dans l'univers de la bohème sauvage.

La nostalgie des années folles. La bohème Parisienne, de Montmartre à Montparnasse, du Moulin rouge et de Toulouse Lautrec, a laissé place au conflit sanglant de la première guerre mondiale, une nouvelle génération insouciante a surgi bercée de musique Jazz venue d'Amérique, elle veut se divertir et surtout plus jamais ça. C'est cette atmosphère de frivolité et de détachement que la Bohème Sauvage cherche à recréer. Délaissant la célèbre musique électronique des clubs Berlinois, les participants à cet évènement ont choisis de revenir plusieurs dizaines d'années en arrière pour vivre le temps d'une soirée, l'esprit de désinvolture et de légèreté des années vingt en Europe. Il s'agissait à l'origine de fêtes privées dans l'esprit de cette époque, organisées par les sœurs Else et Emma Edelstahl. Elles ont, depuis 2006, décidé d'ouvrir ces soirées au public et rassemblent désormais une fois par mois, des personnes de tous horizons qui vivent cette époque au quotidien, qui aiment plonger dans des rôles ou des personnages ou qui sont simplement venus à soirée insolite pour s'amuser dans un cadre exceptionnel. Les seules exigences requises sont de porter une tenue dans le thème de la soirée ainsi qu'avoir un goût prononcé pour la fête et le jeu.

Le divertissement mondain. Tout l'univers de cette époque est retranscrit et respecté jusque dans ses moindres détails. Aucune musique moderne mais essentiellement d'incontournables Charlestons, Swing, Hot Jazz, valse, tangos, Cha Cha Chas, Mambo ou encore Rumba. Les danses sont bien entendu en accord avec la musique (Quick Step, Fox Trott, Valse). Pour votre plus grand plaisir et celui de vos yeux, la scène accueille diverses prestations comme un show de claquette du petit homme vert ou bien un magnifique "effeuillage" en règle, digne des meilleurs cabarets de ce temps. Le jeu occupe également une place prépondérante dans la soirée. Dès l’entrée, on vous propose d’incarner un protagoniste d'une pièce de théâtre ou d'un film (Pygmalion de George Bernard Shaw, pièces de Bertold Brecht...), personnage possédant un signe distinctif propre à un groupe d'invités. La seule façon de gagner est de reformer l'œuvre en descellant chez les participants, le signe qui les rassemble tel que se toucher le bout du nez ou se lisser les sourcils.

Enfin, pour rester dans le thème, il fallait bien évidemment aménager la salle adjacente en casino. C'est dans cette dernière que des tables de Poker, de Black Jack et de Roulette vous attendent pour de folles parties se déroulant sous l'œil vigilant des croupiers. L'argent est donné au début de la soirée sous forme de faux billets de plusieurs milliers de marks pour être en accord à la terrible inflation de la crise de 29. Ce sont ces derniers qu'il faut changer en jetons afin de pouvoir jouer. Si une chance insolente vous accompagne, vous pourrez troquer vos gains contre les fameux verres d'absinthe adoucis d'un sucre enflammé; si au contraire vos jetons fondent à vu d'œil, il est toujours temps de limiter vos pertes en vous réfugiant sur les canapés devant un film muet ou en retournant danser jusqu'à en provoquer le tournis chez votre partenaire. Ces soirées se terminent souvent au petit matin et lorsque l'on en sort, la féerie laisse place à la déception de quitter ces vêtements pour les plus ternes du quotidien. Heureusement, la prochaine est à la fin du mois...  

---------------------------------------------------------------------------

WWD /15. Januar 2009

All Swell

von Susan Stone

aus: http://www.wwd.com/wwd-publications/wwd-fast/2009-01-15?id=1914538#/article/lifestyle-

news/all-swell-1917683?navSection=issues&navId=1914538


Berlin nightlife gets an old-fashioned dose of glamour.

Berlin hipsters are laying off the electronica and puttin’ on the ritz at a series of parties around the city held in the hippest clubs and most historic hot spots.

Making it past the velvet rope at the roving Bohème Sauvage party is not about who’s who, but what you wear. The dress code is dapper, dandy, diva or flapper. This swanky mode is quite a contrast to Berlin’s normally laid-back street look. Fedoras take the place of hoodies, hair is finger-waved instead of flat-ironed and makeup runs to the smoky eye paired with carefully painted Cupid’s bow lips in blood red.

Hostess Inga Jacob started the party as a salon for 40 people in her Berlin group house, and it quickly grew to a monthly must-do for 300 to 400 people (with countless numbers turned away at the door of the venue du jour). She’s inspired not just by the styles of the Roaring Twenties, but also the philosophy. “It was an excessive time, but it was also a time when everything was new,” she says.

These days, everything’s old, and good vintage can be hard to track down. Musician Dominik Bretsch scoured eBay for his dashing top hat, pairing it with a black suit, bow tie and one perfect red rose. The spitting image of Louise Brooks, with a sweet pink bow tied around her brunette bob, writer Geneviève Schetagne laughingly says of her white drop-waist shift: “It’s actually my wedding dress!” Almost anything goes (but jeans and sneakers are verboten), and there’s room for modern mixing—think flapper grunge, or Bonnie and Clyde in HotPants.

Bohème Sauvage guests can partake of absinthe, lose their (fake) reichsmarks at the small casino, watch a burlesque show and cut a rug to hot jazz, swing, Balkan, tango or klezmer after a complimentary Charleston lesson. A cigarette girl not only has tobacco and chocolate treats on offer, but also sells oversize fabric flowers, long strings of beads and men’s suspenders for those guests who feel under-accessorized.

Elsewhere in Berlin, Forties fans hot to fox-trot hit the jackpot with Swing Royal at the newly renovated Admiralspalast Theater. The event serves up big bands, jive and glamour girls, and a minishop with vintage fashion and accessories The 100-year-old venue once counted an ice skating rink and a bowling alley among its public pleasures, and now shines with a retro flair on these evenings that pop up about every three months. Berlin’s army of swing aficionados come out in full force—after all, they’ve been taking lessons all over the city to prepare.

For those who need a regular fix saloon-style, each Sunday brings Coconut Grove to the restaurant-bar White Trash Fast Food, a kitschy Chinese restaurant–turned-club with design elements from tiki to biker. It’s practically a hipster Disneyland. “Make sure you wear an evening dress,” growls the tattooed man at the bar when asked for a table reservation. Patrons happily knock back cocktails such as Moscow Baby Mules and Pisco Sours, and recent acts include Pinkspots, a cute Andrews Sisters–type trio who harmonize Thirties-style with originals and swinging versions of old songs such as “Chim Chim Cher-ee” in German.

With Germany now officially in a recession, these parties also offer good value, even sometimes including a welcoming drink in the entry price. Cover charges run from about 3 euros, or $4.30 at current exchange, to 20 euros, or $28.70. Yet one more reason to party like it’s 1929.

---------------------------------------------------------------------------

Tagesspiegel /11. November 2008

Magie und Mythos
Die zwanziger Jahre werden wiederentdeckt: Swing-Partys, Stummfilme und Stadtführungen lassen das Berlin der Vergangenheit wieder auferstehen.

Von Armin Leidinger
11.11.2008

aus: http://www.tagesspiegel.de/kultur/Stummfilm-Swing-Party;art772,2658039


Berlin - Wer fühlte sich nicht an die gegenwärtige Finanzkrise erinnert, wenn Dr. Mabuse in Fritz Langs gleichnamigem Film auf fallende Kurse wettet? Am Ende des Börsengangs liegen zerfledderte Papiere und Zylinder auf dem Parkett – ein Bild des Jammers. Damals endete die Krise in der Katastrophe. Und trotzdem träumt man auch im heutigen Berlin von den zwanziger Jahren. Es ist gerade die Doppelgesichtigkeit dieser Zeit, die fasziniert: ein Tanz auf dem Vulkan, über alle politischen und ökonomischen Abgründe hinweg.

„Bohème Sauvage“ heißt eine Veranstaltungsreihe der „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“, die einmal im Monat Mode und Kultur der Weimarer Republik wiederaufleben lässt, zuletzt im Wintergarten-Varieté. Es gilt ein strenger Dresscode, wer nicht wenigstens Hosenträger oder Hut aufweisen kann, bekommt keinen Einlass. Die meisten Gäste sind zum Tanzen gekommen: Charleston oder Walzer. Dazu erklingen Swing, Kabarettchansons und Schlager. Und so feiern die zumeist noch jungen Partygänger in den Kleidern ihrer Groß- und Urgroßeltern eine Kultur, die sich einst mit dem neuen Ausgehzentrum am Kurfürstendamm, mit Revuen und Vergnügungslokalen verband. Für einen Abend lässt man die Jeans zu Hause und fühlt sich wie eine Dame oder ein Mann von Welt.

Wer in der Weimarer Republik das Geld hatte, reiste mondän mit dem Automobil an und genoss das Nachtleben. Die Angestellten träumten derweil die Träume der Ufa-Filme. „Wenn ich sonntags in mein Kino geh’“, singt das „Trio Ohrenschmalz“ auf der Wintergarten-Bühne und lässt so eine Zeit auferstehen, in der so mancher einen Himmel voller Geigen halluzinierte, während es ihm selbst am Nötigsten mangelte. „Einerseits waren die zwanziger Jahre eine Zeit, in der viele Menschen verunsichert waren und nicht wussten, wie es weitergeht“, sagt Sänger Julius Hassemer. „Andererseits gab es edle, elitäre Veranstaltungen und wilde Partys mit Nacktdarbietungen und anderen Tabubrüchen. Dieser Mythos macht heute noch den Reiz der Zeit aus.“

Der Stummfilm ist Zeitzeuge dieser Epoche

Michael Bienert kann bestätigen, dass die zwanziger Jahre immer noch boomen. Er hat sich in zahlreichen Publikationen mit der Ära auseinandergesetzt. Sein Buch „Die Zwanziger Jahre in Berlin“ (Berlin Story Verlag, 19,80 €) ist ein Wegweiser zu den Spuren, die die Zeit der Weimarer Republik im heutigen Berlin hinterlassen hat. „Es gibt im Kern“, sagt Bienert, „drei Berlin-Mythen: zwanziger Jahre, Nazizeit, Berliner Mauer. Die zwanziger Jahre sind der einzige Berlin-Mythos, mit dem sich positive Assoziationen verbinden. Deshalb ist es interessant, hieran anzuknüpfen.“ Auch die von ihm konzipierte Stadtführung „Mit Franz Biberkopf durch den wilden Osten“ (www.stattreisenberlin.de) ist immer noch sehr gefragt. „Das Faszinierende“, sagt Bienert, „ist, dass man damals die Kraft hatte, den Mythos von der ‚modernen’ Stadt Berlin hervorzubringen. Zugespitzt kann man sagen: Das Berlin der zwanziger Jahre hat einen Mythos erschaffen, das heutige Berlin zehrt davon.“

Am unmittelbarsten kann man Glanz und Elend der zwanziger Jahre in einer Kunstform begegnen, die diese Epoche selbst hervorgebracht hat: dem Stummfilm. „Metropolis“, Fritz Langs Klassiker, erzählt vom Rausch der Moderne und übersetzt den Kontrast zwischen Arm und Reich in einprägsame Bilder. Stephan von Bothmer und Thomas Graichen verbindet die Liebe zu diesen Filmen. Pianist Bothmer hat seit 1998 unzählige Stummfilmkonzerte gegeben. Graichen hat sich zum Ziel gesetzt, die Atmosphäre dieser Abende fotografisch einzufangen. Rund 10.000 Besucher kamen bislang zu den Konzerten, genug für Bothmer, um seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen.

Den Zuspruch erklärt er mit der speziellen Form des Stummfilms. „Es ist ein Gemeinschaftserlebnis, außerdem ist jeder Abend neu. Ich improvisiere zu den Filmen. Wenn ich Metropolis begleite, lasse ich mich jedes Mal neu inspirieren.“ Dabei greift er nicht einmal Musik aus den zwanziger Jahren auf. Schon in der Weimarer Republik spielten Kinoorchester zu jedem Film eine eigene Musik, die sich von der anderer Kinos unterschied. Auf Graichens Fotos verschwinden durch Langzeitbelichtung die Bilder des gezeigten Films. So erscheint auf ihnen eine strahlend leuchtende Leinwand, die den Kinosaal mit der Magie des Stummfilms ausfüllt. Sie ist auch Jahrzehnte später ungebrochen.

In einem Nebenraum der Bohème Sauvage steht derweil die Luft vor Tabakqualm. Gentlemen und Gauner spielen Roulette und Poker, wetten mit Einsätzen von einer, zwei oder fünf Millionen Reichsmark. Aus dem Hintergrund ertönt Zarah Leander: „Davon geht die Welt nicht unter“. Es wäre schön, wenn sie diesmal recht behält.

Die Stummfilm-Foto-Ausstellung „An der Grenze des Lichts“ läuft bis zum 28. 11., Vernissage heute 18 Uhr; nächstes Stummfilmkonzert: „Der Mann mit der Kamera“, 18. 11., 20 Uhr, beides im Babylon Mitte. Die nächste Bohème Sauvage-Party findet am 29. 11. im Oxymoron statt, Informationen: www.boheme-sauvage.de. Das neue Programm des Trios Ohrenschmalz „Es geht vOHRwärts“ hat am 6. 12. im Admiralspalast Premiere.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 11.11.2008)

---------------------------------------------------------------------------

Bargiornale (Italien) /November 2008

"In Germania è boom per le serate rétro" von Stefano Nincevich, 14.11.2008, Bargionale


In Germania è boom per le serate rétro
La cultura del charleston ritorna in voga nei club più esclusivi di Berlino. Dove anche la più piccola serata a tema può vendere 250 ingressi

14 Novembre 2008

Una discoteca pro-capite, musica techno sulla pista e raduni oceanici di clubber per la Loveparade. La notte di Berlino è fatta di questo, ma anche di altro. La capitale tedesca è diventata da qualche tempo un punto di riferimento per gli amanti del genere new rétro. Per le strade ci si imbatte in manifesti che propongono corsi e seminari per ballare la musica degli anni '20 e '30. E non c'è locale famoso che almeno una volta alla settimana, non proponga una serata dedicata al charleston, al foxtrot, allo swing, per la gioia di migliaia di fan. Sono una ventina i club, discobar e ristoranti berlinesi (Ballhaus Berlin, Box und Bar, Admiral Palast, Bassy Club, Friedrichstadt Palast, Oxymoron, ecc.) dove fanno furore gruppi come Jerry Jenkins and his Band of Angels o la Dance Orchestra, band composta da venti musicisti, imbrillantinati come Al Capone, con abiti gessati e scarpe bicolore.

Note jazz per rivivere un'epoca d'oro
Si tratta di band che suonano con fiati, banjo e pianoforte, brani americani e non, appartenenti alla cosiddetta “età del jazz”. Con le loro note rievocano una stagione d'oro (prima che il nazismo facesse scempio di ogni cosa) che in Germania ha prodotto idee in tutti i campi, dalla musica al cinema, dall'arte all'architettura. Erano gli anni della Repubblica di Weimar e nelle sale si applaudiva l'Angelo Azzurro di Marlene Dietrich, Albert Einstein vinceva il Nobel per la Fisica, il drammaturgo Bertolt Brecht scriveva l'Opera da tre soldi e la Bauhaus di Gropius imponeva il suo stile modernista nell'architettura. Proprio a quel periodo storico fanno riferimento le feste d'epoca di Berlino. Per partecipare alle serate ci sono regole ferree e comuni in tutti i locali. Il dress-code impone per lei pochette, collane di perle fino alle ginocchia, cappellini a cloche. Per lui papillon, giacche con spalle importanti e Borsalino portato rigorosamente sulle ventitrè. Per questo insolito esercito di clubber, di età compresa tra i 20 e i 50 anni, si mobilita prima di ogni serata un esercito di parrucchieri specializzati, estetisti, venditori di abiti e accessori vintage. Perché senza essere agghindati a dovere, non si passa la selezione imposta da organizzatori intransigenti come Miss Else Edelstahl, ideatrice insieme alla sorella Emma della serata itinerante Bohème Sauvage, uno degli eventi più apprezzati dal pubblico dei new rétro.

Revival per evadere per qualche ora
A detta della Eldesthal e di altri protagonisti ci sono almeno due motivi per i quali tanta gente recupera gli anni del Charleston e delle grandi orchestre. Per cominciare molti sono stanchi di come la musica è proposta e suonata oggi, dove domina la tecnologia. La nostalgia è tanta: tornano generi come il swing, il soul e la star maledetta del rythm and blues Amy Winehouse vende, solo nel Regno Unito, 1,5 milioni di dischi. Questo nuovo modo di stare insieme, che in realtà è un modo antico, piace anche perché consente di evadere per qualche ora dalla vita di tutti i giorni, quella dei social network dove tutti sono connessi, ma nessuno in realtà è in contatto con l'altro.

---------------------------------------------------------------------------

Berliner Akzente /Oktober 2008

"Ganz schön verrucht, die wilden Zwanzigern" von Katrin Starke, Oktober 2008, Berliner Akzente

aus: http://www.berliner-akzente.de/stadt_szene/artikel_109237.php

Titelblatt

Ausschweifende Feste, Paillettenkleider, Absinth und Zigarettenspitze – der Geist der Zwanzigerjahre weht wieder durch die Berliner Partylandschaft. Da mutet so manche Festivität wie der Tanz auf dem Vulkan mit Wasserwelle und Federboa an. Unsere Autorin Katrin Starke hat mitgeschwooft. Und für die stilechte Party musste natürlich erst einmal das passende Outfit her.

Jeans, T-Shirts und Turnschuhe sind strengstens verboten. So viel hat Inga Jacob (27) unmissverständlich vorher klargestellt. Als Else Edelstahl huldigt sie mit ihrer Partyreihe "Bohème Sauvage" der Zeit zwischen 1870 und 1940.
Ein gewagtes Kleid mit Spagettiträgern

Im Mittelpunkt stehen die "Roaring Twenties", die verrückten Jahre zwischen den Weltkriegen, die Jahre des Tanzes auf dem Vulkan. Für eine stilechte Party ist also erst einmal eine Einkaufstour angesagt: Ein gewagtes Kleid mit Spagettiträgern, Nahtstrümpfen und dicker Perlenkette muss her.

Da hilft nur ein Besuch bei "Charming Styles" in Prenzlauer Berg. "Aha, die nächste Party bei Else Edelstahl steht also ins Haus", weiß Andrea Kiersch sofort. Selbst eine Freundin von Zwanzigerjahre-Partys, machte sich die 39-Jährige vor sieben Jahren mit ihrer Maßschneiderei selbstständig.
Schnittmuster der Oma dienen als Basis

Die studierte Anglistin hat sich ihr Handwerk bei ihrer Oma, einer Schneidermeisterin, abgeschaut. Viele der von der Oma geerbten Schnittmuster dienen Andrea Kiersch heute noch als Basis für ihre Kreationen.

"Zur Zwanzigerjahre-Party darf’s schon extrem ausgefallen sein. Samt, Federn, Fransen – eben der ganz große Auftritt", hilft Andrea Kiersch einem unentschlossenen Pärchen. Die Wahl des Herrn fällt auf ein weißes Stehkragenhemd mit Klappmanschetten, Fliege, Weste und dazu schwarz-weiße Charleston-Schuhe.
Der Herr trägt Pomade, die Dame Wasserwelle

Die Haare werden mit reichlich Gel oder Pomade streng nach hinten gekämmt. Für die Dame hat Andrea Kiersch noch den ultimativen Tipp parat: "Die Wasserwelle zu ihrem Outfit bekommen Sie bei Marianne Graff in Moabit."

Am Partyabend übernimmt Else Edelstahl höchstpersönlich die Einlasskontrolle. Sie hat die blondierten Haare in Wellen gelegt, die Lippen blutrot geschminkt. Im Austausch gegen die zwölf Euro Eintritt reicht sie einen Aperitif und 30 Millionen Reichsmark über den Tresen.
30 Millionen für einen Aperitif und dann Pokern

"Ja, die Inflation schreitet voran. Für Champagner wird’s nicht reichen, aber mit etwas Glück für ein paar Runden Poker", meint ein Mann im Smoking lächelnd, lüpft seinen Zylinder und verschwindet in der Menschenmenge im Saal. Letzteren hat Inga Jacob festlich hergerichtet – die Wände mit parfümierten Stoffbahnen geschmückt und Schwarz-Weiß-Fotos der alten Stummfilm-Stars aufgehängt.

Damen in rückenfreien Kleidern und mit Federboas um den Hals stehen bei Herren in Nadelstreifenanzügen, flirten mit kokettem Augenaufschlag, als ein Dandy mit weißer Schlägerkappe und Knickerbockern durch den Raum schlendert. "Gestatten, Alexander von Stahl", stellt sich der Mann vor, der auf einem der Barhocker Platz genommen hat.
Ein Kriegsveteran auf "Bagger-Tour"

Er trägt Militäruniform und eine Klappe über dem rechten Auge. "Ich bin Kriegsveteran, Sie verstehen", beginnt er das Gespräch. Später gesteht er, dass er die Uniform im Adlershofer Requisiten- und Kostümfundus ausgeliehen hat und mit seiner "holden" Begleiterin zum ersten Mal zur "Bohème Sauvage" gekommen ist.

Dafür beherrscht er die Spielregeln schon perfekt: Mit seinem Kostüm ist er auch in seine Rolle geschlüpft, parliert gewandt über Politik und die Lage der Weltwirtschaft – nicht der heutigen, sondern über die Situation zu Zeiten der Weimarer Republik.
Dandys und Gigolos lauern auf Herzensdamen

Mit derlei ernsten Themen geben sich die Dandys und Gigolos längst nicht mehr ab. Sie warten auf den Beginn der Tanzstunde, um ihrer Herzensdame auf dem Parkett imponieren zu können. Charleston, Swing, Tango – die wichtigsten Schritte werden den Gästen erklärt. Die Musik dazu kommt vom (digitalen) Band – anders als im Pankower Café Garbaty, wo DJ Grammophon einmal im Monat noch Schellackplatten auflegt. Mit weißen Handschuhen, damit die Scheiben keine Kratzer bekommen.

Wer das ausschließen möchte, setzt auf Livemusik. Beispielsweise auf das Damentanzorchester Escapade, das seit 1999 den "Skandal im Harem" besingt oder bei musikalischen Perlen wie "In the Mood" die mondänen Zeiten erneut heraufbeschwört. "Die Zwanzigerjahre hatten musikalisch einfach mehr Gehalt", begründet Escapade-Mitglied Petra Sauerwald.
Die Größen der Unterwelt geben sich die Kugel

Die "Größen der Unterwelt" haben sich bei der "Bohème Sauvage" nach Mitternacht im Casino zu Poker, Black Jack und Roulette versammelt. An Möglichkeiten mangelt es nicht, das Reichsmark-Spielgeld auf den Kopf zu hauen. Es lebe also die Nacht. Wer weiß, was der nächste Morgen bringt – außer einem Kater vom Absinth.

Dabei hat die Tresenkraft ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der hochprozentige Wermut mit Sodawasser auf Trinkstärke gebracht werden sollte. Doch als die grün-bläulich schimmernde Flamme vom flambierten Zuckerwürfel zischend ins Glas tropft, hat so mancher Gast kein Ohr mehr für den Ratschlag, sondern kauft sich stattdessen noch ein Zigarillo bei dem Fräulein mit dem Bauchladen.
Von der WG-Party zur Salon-Sause

Mehr als fünf Jahre ist es her, dass die damalige Skandinavistikstudentin Inga Jacob zu ihren ersten Salons einlud – damals noch in ihr Friedrichshainer WG-Zimmer, das sie mit Art-déco-Spiegeln und -Stofftapeten stilecht ausstaffierte. Obwohl die Partytermine nur per Mundpropaganda weitergegeben wurden, platzte das Zimmer der Salonière bald aus allen Nähten.

Heute führt sie die Geschäfte der "Gesellschaft für mondäne Unterhaltung" und richtet monatlich die "Bohème Sauvage" aus. Dabei geht es ihr nicht darum, die wilden Zwanziger zu inszenieren, sondern sie in Vollendung zu zelebrieren.
Else will ins Ausland

So ist Bohème Sauvage für Inga Jacob auch keine Party, sondern "ein rauschendes Fest zu Ehren der Helden vergessener Nächte, an welche die Helden der heutigen erinnern". Und das übrigens künftig nicht mehr nur in Berlin. Auf jeden Fall wiederholen will Inga Jacob die Open-Air-Nacht auf dem Belvedere in Potsdam.

Das Experiment in diesem Sommer sei absolut gelungen – mit mehr als 450 Gästen. Außerdem will die Veranstalterin ihre Bohème Sauvage international etablieren: Zwanzigerjahre-Nächte in Athen und Thessaloniki sind schon fest geplant, und für nächstes Jahr hat sie St. Petersburg, Wien, Paris und New York ins Auge gefasst. "Aber das ist noch Zukunftsmusik."

Autorin: Katrin Starke

---------------------------------------------------------------------------

FAZ /22. September 2008

"Mit Charleston durch den Börsencrash" von Christina Hucklenbroich

aus

http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~EE301CD02A8C

64E9D8655B43099FD601A~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Feiern wie früher
Mit Charleston durch den Börsencrash

Von Christina Hucklenbroich

Ganz wie damals: die Zanziger-Jahre-Partys in Berlin

21. September 2008 Dies sind die letzten sorglosen Tage vor dem großen Börsencrash. Wir schreiben das Jahr 1928. Ein Jahr noch bis zum Schwarzen Freitag. Dann wird unter den Anlegern in New York Panik ausbrechen und die Weltwirtschaftskrise beginnen. Auf den Tischen im Grünen Salon der Volksbühne liegt das "Berliner Tageblatt" vom 18. September 1928 aus. Die Titelgeschichte: "Vereinigte Staaten und Reparationsfrage". Einige Paare tanzen zu Charlestonmusik. Die Männer tragen Frack, Zylinder und schmale Menjou-Bärtchen, die Frauen Fransenkleider, Perlenketten und Federboas. Im Hinterzimmer setzt eine junge Frau mit platinblonder Wasserwelle ein Vermögen beim Roulette. In einem Separee, das ein transparenter Vorhang abteilt, laufen erotische Stummfilme. Conférencier Coco legt auf der Bühne eine Steppeinlage hin.

"Irgendwo muss auch Cocos Halbschwester Chloé herumlaufen", sagt Vincent von Verden, ein vornehm gekleideter Berliner Delikatessenhändler. "Chloé kommt aus Paris", sagt von Verden, und tatsächlich spricht die schwarzhaarige Bohèmedame mit Akzent, als sie vor dem Blackjacktisch auftaucht und aus ihrem Bauchladen Zigarren, Schokolade, Zigarettenspitzen, Hosenträger und Perlen für die Dame feilbietet. "Eigentlich kommt sie natürlich auch aus Berlin", sagt der Feinkosthändler. "Aber so ist halt das Spiel."

Salon im Stil der Zwanziger

Das Spiel? Es ist Samstagabend, der 20. September 2008, im Grünen Salon in Berlin-Mitte. Vincent von Verden heißt im wirklichen Leben Tom Folwarkow und organisiert die Pressearbeit für "Bohème Sauvage", eine Veranstaltungsagentur für Zwanziger-Jahre-Partys. Seit zwei Jahren wird einmal im Monat eine Party in wechselnden Etablissements in Berlin angeboten. Die Gründerin, die 27 Jahre alte Performance-Künstlerin Inga Jacob, begann vor vier Jahren damit, für Freunde und Bekannte in ihrer Wohnung einen Salon im Stil der Zwanziger zu geben. Schon damals nahm die Gastgeberin gerne die Identität von Else Edelstahl an: "Else", so Jacob, "ist eine Lebenskünstlerin, die man kennen muss, wenn man es in der Berliner Bohème-Szene zu etwas bringen will."

Seit die Salons zu "Bohème Sauvage" wurden, muss man mit Else nicht mehr persönlich bekannt sein. 300 bis 600 Gäste kommen zu den Festen, die etwa 12 Euro Eintritt kosten. "Schon während der privaten Salons hatten alle Gäste Spielnamen und Spielcharaktere", sagt Inga Jacob. Das macht für viele Besucher bis heute den Reiz aus. Der 28 Jahre alte Christian, im wirklichen Leben Wirtschaftsprüfer, schlüpft für die Samstagnacht in die Rolle des Berliner Advokaten Christian de Borneo. Der 29 Jahre alte Opernsänger Alexander wird für ein paar Stunden der junge Freiherr von Schlittow aus Mecklenburg-Strelitz: "Der Freiherr bringt das Erbe seines Vaters durch."

Kostümverleihe erste Anlaufstelle

Mit dieser Sehnsucht nach Abenteuer und Überfluss, die man bei der "Bohème Sauvage" eine Nacht lang ausleben kann, ist Alexander nicht allein: Viele Männer stellen sich als junge Adelige vor, die das Geld ihrer Familie verprassen. Zu ihnen gehört auch Stefan, 35, Tischlermeister, der in einem selbst geschneiderten Anzug aus silbernem Seidendamast an der Absinthbar lehnt. "Der Graf ist ein Dandy und lebt von den Apanagen seiner Familie", sagt er über seine Rolle. Stefan ist ein Veteran des Salons, der vor vier Jahren bei Else Edelstahl begann. "Auf den öffentlichen Partys verflacht der eigentliche Gedanke, denn es geht hier nur um Amüsement auf einer breiten Basis", kritisiert er. "Bei den privaten Salons wurde ein Datum gesetzt, zum Beispiel die Eröffnung der Funkausstellung 1924, und alle Gäste hatten sich vorher belesen, um nur über das Konversation zu betreiben, was bis zu diesem Zeitpunkt historisch wirklich passiert war." Dazu gehört auch, zwischen den "Wilden Zwanzigern" der Inflationszeit zu unterscheiden und der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, den "Goldenen Zwanzigern", als zu Exzessen, künstlerischer Blüte und Freiheitsdrang ein leichter Wirtschaftsaufschwung kam. Die Kommerzialisierung wundert Stefan aber auch nicht: "Es gab schon vorher eine große Zwanziger-Jahre-Szene in Berlin, die sich jetzt mit eben mit den familiären Salons von Fräulein Edelstahl vermischt."

Wenn die Zwanziger-Jahre-Szene eine Gesellschaft oder einen Salon plant, merken das vor allem die Kostümverleihe in Berlin. "Die Damen wollen Charlestonkleider, Boas und Kopfreifen mit Federn", sagt Antje Schrader, Kostümmeisterin des DDR-Fernsehfundus in Adlershof. "Für die Herren müssen es gestreifte Anzüge sein. Auch Gangsterhüte und Gamaschen nehmen sie gerne." Bei "Bonnie und Kleid" in Kreuzberg haben die Kunden ähnliche Wünsche. In dem kleinen Laden im Halbparterre suchen die Studentinnen Elisa und Regina nur wenige Stunden vor Beginn der "Bohème Sauvage" ein passendes Ensemble. Noch tragen die Fünfundzwanzigjährigen Fleecejacken, Röhrenjeans und Turnschuhe; damit würden sie aber beim Einlass der "mondänen Gesellschaft" abgewiesen. Die Entscheidung für ein lilafarbenes Charlestonkleid fällt schnell. Bei den Schuhen müssen sie länger überlegen: Man sollte sich auf ihnen auch nach dem zweiten Glas Absinth noch halten können.

Der Absinth - echt oder nicht echt?

Überhaupt, der Absinth. In den Ecken des Grünen Salons hört man die Partygäste raunen: "Das ist ja gar kein echter. Echter Absinth ist doch verboten!" Der, über den Hemingway in Romanen und im Tagebuch schwärmerisch schrieb ("War gestern abend auf Absinth") und mit dem sich viele Künstler um den Verstand soffen, der ist es natürlich nicht. Er wurde schon vor den "Goldenen Zwanzigern" verboten und dann nur noch schwarz gebrannt. Der hohe Gehalt an Wermut, hieß es, könne Wahnvorstellungen auslösen. Verboten ist Absinth heute nicht mehr, aber seine Zusammensetzung wird reglementiert. Bei der "Bohème Sauvage" gibt es ihn mit und ohne Anisgeschmack. Stilecht wird er durch ein Stück Zucker hindurch eingegossen, das auf einem Löffel über dem Glas liegt. Die Bardamen zünden den durchtränkten Zucker an, der in einer blauen Flamme karamellisiert, bevor er in den Absinth eingerührt wird. Dann füllt man das Getränk mit Wasser auf.

Es ist fast eins, als Medizinstudent Baran und Lehramtsstudentin Silja ihre Jacken an der Garderobe abholen. Die letzten sind sie nicht: Bis zum frühen Morgen dauert eine Gesellschaft der "Bohème Sauvage". Dann wird das rote Licht gelöscht, und Stunden später müssen unzählige schwarze, rote und pinkfarbene Federn von der Tanzfläche gekehrt werden, weil sie sich beim Charleston aus den Boas gelöst haben. "War mal was anderes, nicht so eine Mainstream-Party wie sonst in Berlin", sagt Baran. Silja fand es gut, dass es einen Charleston-Einführungskurs gab und so viele Männer getanzt haben. Den Bühnenauftritt von Robert Kreis um Mitternacht haben sie auch noch gesehen. Der Kabarettist schmetterte Schlager und belebte die Verse wieder, mit denen man sich am Ende der Goldenen Zwanziger über die Finanzkrise hinwegtrösten wollte: "Und wenn die Börsen krachen, mach ich aus meinen Aktien Drachen - um sie ein letztes Mal steigen zu sehen."

Text: F.A.Z.

---------------------------------------------------------------------------

Preußische Allgemeine Zeitung /September 2008

lesen

---------------------------------------------------------------------------

Berliner Morgenpost /31. Juli 2008

lesen

---------------------------------------------------------------------------

PRINZ Berlin / Juli 2008

lesen

---------------------------------------------------------------------------

Textilwirtschaft / Juni 2008

lesen

---------------------------------------------------------------------------

Berliner Morgenpost / Juni 2008

"Tanzen wie in den wilden Zwanzigern" von Tina Molin, 28. Juni 2008, Berliner Morgenpost

lesen

---------------------------------------------------------------------------

ital. Magazin / Mai 2008

Articolo Swing , Mai 2008

Seite 1

Seite 2

Seite 3

---------------------------------------------------------------------------

Stuttgarter Zeitung / April 2008

"Mit Else Edelstahl zum Tanz" von Katja Bauer, 12. April 2008, Stuttgarter Zeitung

lesen

---------------------------------------------------------------------------

Submarine Athen / März 2008

Am 05. März 2008 fand die erste BOHÈME SAUVAGE im Ausland, nämlich in Athen, Griechenland statt. Falls Sie des Griechischen mächtig sein sollten, lesen Sie hier den Bericht aus dem Magazin "Submarine".

Seite 1

Seite 2

---------------------------------------------------------------------------

aus: http://dweb.repubblica.it/dweb/2008/02/23/lifeetendenze/dspie/206ris586206.html

La Repubblica / Februar 2008

Life e Tendenze

D Spie SpieFenomeni

Euforia da swing Abiti Charleston, pettinature alla Louise Brooks e occhi felini. Nella Berlino by night esplode la swinging-mania.

Con serate danzanti e feste anni Venti di Daniela Zenone

Nelle notti di Berlino risuona la passione per lo swing. Non c'è locale che almeno una volta alla settimana non offra una serata a tema; scuole di ballo lanciano corsi e seminari per imparare i passi del ballo "ondeggiante"; da ogni angolo spuntano nuove orchestre con trombettisti imbrillantinati stile Al Capone. Ragazzi improvvisamente galanti, ragazze stilizzate e pettinate. Il 2008 per qualche ora è lontano. Dominano un'estetica e un gusto d'altri tempi, che per i berlinesi contemporanei sono sinonimo di estro, dandismo, trasgressione. Ritmi jazzati riempiono il Chlärchens Ballhaus (www.ballhaus.de), locale all'avanguardia nel quartiere di Mitte, e agli appuntamenti di Swingin' Ballroom, nel più sofisticato Admiralpalast, la musica rievoca atmosfere alla Cotton Club, quando ancora Duke Ellington, Benny Goodman e Count Basie erano gli idoli di intere generazioni. Sulle stesse note di ora sono soprattutto i giovani che si lanciano in scatenate maratone di ballo, come succede alle serate a tema nella balera del Ballhaus Berlin o nel club Box und Bar ogni mercoledì sera, quando a scegliere i dischi è dj Tina, ormai ricercata specialista del genere. Alternativa o proseguimento delle notti danzanti sono gli swing brunch, ogni domenica all'Opernpalais (Unter den Linden 5), con la partecipazione dell'orchestra Swing Dance Band (www.swingdanceorchestra.de) oppure i concerti pomeridiani al caffè arredato anni Quaranta Swing Diele (www.swingdiele.de) nel quartiere di Charlottenburg. Gli eventi dedicati allo swing sono un viaggio nel tempo dove chiunque può trasformarsi, anche solo per qualche ora, in un personaggio che traspira fascino blasè. Brillantina, abiti doppio petto, scarpe di vernice, frack, cilindro, binocolo per lui; perle, pettinatura con le onde, abiti fruscianti in seta e lamé per lei. La voglia di rivivere ironicamente quei tempi dorati si ripete nelle feste itineranti Bohème Sauvage (www.boheme-sauvage.de), durante le quali i partecipanti assumono l'identità di un personaggio famoso dell'epoca. Così, se vi capiterà di partecipare a uno di questi appuntamenti che mensilmente si svolgono in diversi spazi della città, non stupitevi se un signore elegante si presenta come Otto Dix e se la dama che vi offre un bicchiere di assenzio è il clone di Josephine Baker. I requisiti filologici d'obbligo? Bocchino, cappello di piume, portasigarette, borsetta, grammofono, bicchieri, mobilio e porcellana. Tutto è disposto per rivivere un sogno dove il conférencier della serata introduce gli ospiti, invita al gioco del poker e racconta storie degli anni Venti, quando Berlino brillava per divertimenti e trasgressione. Per prepararsi all'evento, i new swinger si truccano a regola d'arte, sperimentando con precisione filologica pettinature e trucco vintage. Per l'abbigliamento ricercano abiti e accessori nei negozi dell'usato o nei mercatini delle pulci. Ma non solo. In città c'è chi si è specializzato in moda new-swing-rétro: si possono acquistare abiti ideati e realizzati da giovani firme come Pony Mädchen (www.ponymaedchen.de) che tradotto significa le ragazze con la frangetta, Frozen Hibiscus (www.frozen-hibiscus.de) e Marlenes Töchter, le figlie di Marlene (www.marlenes-toechter.de). Lo slancio nostalgico non conosce barriere e al look 20s si aggiungono spesso tocchi di stile anni 30, 40 e 50. Tutto è permesso: pin-up con il caschetto alla Louise Brooks e femme fatale da cinema muto in versione sexy contemporanea, come Dita Von Teese. (Sabato 23 febbraio: Bohème Sauvage party, club Oxymoron, Rosenthaler Straße 40/41-Berlino) LA tuta È online E c'è anche chi, al contrario, di travestimenti vintage, ore passate da truccatori e parrucchieri e scouting senza sosta nei mercatini dell'usato, proprio non ne vuole sapere. Perché l'antidoto alla ricerca di una perfezione estetica fatta di sovrapposizioni di dettagli, esiste. Si chiama tuta (da lavoro), è funzionale, non ha bisogno di essere abbinata a nulla perché è un pezzo unico, ma soprattutto è sempre più stylish. Fino al punto di diventare l'oggetto di un concorso internazionale, The European Tuta Awards, indetto dalla Fondazione Museo del Tessuto di Prato. Competizione che ha visto in gara oltre 400 giovani designer provenienti da tutto il mondo. Ai tre vincitori (a lato, il modello che si è aggiudicato il primo premio disegnato dall'italiana Daria Dazzan) è spettato l'onore di vedere le proprie creazioni esposte accanto a quelle di Thayaht, l'artista che negli anni 20, dopo aver collaborato con l'atelier parigino di Madeleine Vionnet, inventò il celebre capo "a T" (in mostra fino al 14 aprile 2008 al Museo del Tessuto di Prato). Ma non solo: i neointerpreti del workwear del futuro si sono guadagnati un ingresso immediato nella comunità virtuale di Second Life. Primo step verso la notorietà. Visto che la piattaforma online ha un bacino di utenti (e quindi potenziali consumatori) di 9 milioni di persone. (Per ulteriori informazioni: www.tutaward.eu)

---------------------------------------------------------------------------

aus: http://www.staedte-reisen.de/berlin/ausgehen/bericht/boheme_sauvage

Staedte-Reisen.de / Februar 2008

BOHÈME SAUVAGE
Die Gesellschaft für mondäne Unterhaltung zelebriert in Berlin die goldenen Zwanziger Jahre in Vollendung
Charleston, Absinth und Amusement - Die "Bohème Sauvage" ist eine eigene Welt voller Glitzer, Glamour und kurzweiliger Vergnügungen.
Einmal im Monat erwachen die "Roaring Twenties" in wechselnden Berliner Etablissements zu neuem Leben. Mit eleganter Garderobe, stilvoller Unterhaltung und pikanten Galanterien schwelgen die Gäste in vergangenen Zeiten.

Berlins erfolgreiche Veranstaltungsreihe "Bohème Sauvage" geht am 23. Februar 2008 in die 19. Runde. Auf der Bühne steht diesmal der grossartige Salontenor Daniel Malheur mit Interpretationen der Schlagerkunst der 20er-Jahre.
Im Chic der Zwanziger Jahre feiert die Gesellschaft für mondäne Unterhaltung wieder ein rauschendes Fest. Auf dem Plattenteller liegen Charleston, Tango, Gipsy, Klezmer, Chanson, Russian Folk, Latin und Swing, dargeboten von den Unterhaltungskünstlern Felix de Venosta und Dr. Hirschfeld.

Roulette im Hinterzimmer
Roulette und Absinth
Am Eingang erhält der Gast 30 Millionen Reichsmark und kann diese im Hinterzimmer-Casino am Roulettetisch oder beim Black Jack verzocken. Bei einer Swing-Tanzeinführung kommt man sich näher. Es gibt Zigarillos oder Lakritze beim Bauchladenmädchen oder einen traditionell servierten Absinth an der Bar.
Die Liebe zum Detail macht die Zeitreise perfekt: die stilvollen Accessoires der Stammgäste, wie Spazierstöcke, Einstecktücker, Strumpfbänder oder Fächer, das Spielgeld für Casino und Absinth, die Musik von Schallplatten und natürlich die besonderen Auftritte verschiedener Unterhaltungskünstler.

Beim Bauchladenmädchen gibt es Zigarillos, Lakritze und Zigarettenspitzen
Wiedergeburt einer Ära
Seit Mai 2006 versetzt Gastgeberin Else Edelstahl in wechselnden Locations ihre Gäste in die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Bohème Sauvage hat sich in den letzten Jahren in Berlin zum Inbegriff der Wiederbelebung des "Zwanziger Jahre" - Nachtlebens etabliert. Die 20er Jahre sind hier nicht inszeniert, sie werden in Vollendung zelebriert.
Das Konzept "Bohème Sauvage" entwickelte sich aus privaten "Zwanziger Jahre"-Salons der Schwestern Else und Emma Edelstahl, die aufgrund wachsender Beliebtheit und großem Besucherandrang zu einer öffentlichen "Vintage"-Party erweitert wurden.
Das Publikum ist erfreulich bunt gemischt, vom Teenie bis zum alten Ehepaar, vom Studenten bis zum Rechtsanwalt. Mancher Gast legt sich für diesen Abend eine neue Identität zu, komplett mit glamourösen Namen und Lebensgeschichte.

Roulette im Hinterzimmer
Keck und adrett mit viel Liebe zum Detail
Kleiderordnung
Ohne angemessende Garderobe wird man gar nicht erst eingelassen. Die größtenteils wohlüberlegten und aufwändigen Outfits der Gäste tragen maßgeblich zur Atmosphäre des Abends bei. Dabei geht es nicht darum, sich historisch korrekt zu "verkleiden", sondern den Chic einer Ära nachzuempfinden, indem man sich keck und adrett herausputzt, als Revuetänzerin mit Federn und Perlen, als Gigolo oder Gentleman, als geheimnisvolle Diva oder leichtes Mädchen, Mafiaboss oder Dandy. Das Wort "overdressed" existiert hier nicht.
Kitschige Plastikkostüme, Karnevalsartikel, knallbunte Perücken und moderne Kleidung sind nicht erwünscht. Wem die passende Garderobe noch fehlt, der findet Hilfe und Tipps auf der Website der Veranstaltung. Hier gibt es Adressen und Links zu Kostümverleihen, Second-Hand-Läden und Maßateliers in Berlin, sowie die Telefonnumer einer bewährten Frisurenkünstlerin.

---------------------------------------------------------------------------

TIP Berlin Nr.24/2007 - 15.11-28.11.07 Titelseiten-Artikel "Ballfieber" hier zum PDF Download

---------------------------------------------------------------------------

aus: http://www.rbb-online.de/_/stilbruch/beitrag_jsp/key=6738655.html

RBB Online - Stilbruch vom 29.11.2007 von Felix Oehler

Party-Trend: Zwanziger Jahre wieder en vogue

Die junge Berliner Boheme feiert im Stil der Zwanziger Jahre. Auf dem Tanzparkett wird zu Swing, Charleston und Tango gehottet und geschoben, an den Tischen wird Roulette und Blackjack gespielt und wer Einlass will, muss vorher zum Kostümverleih. Für 12 Euro Eintritt erhält man 30 Millionen Reichsmark, Absinth und Zigarillos.

Flashback in die Roaring Twenties. Nostalgieparties bedienen die neue Sehnsucht nach den guten alten Zeiten. Stars des Abends sind die Gäste selbst.

"Leute, die hierher kommen, stehen stundenlang vor dem Spiegel, kämmen sich die Haare, machen sich Wasserwellen, ziehen sich jeden Monat ein neues Kleid an und beteiligen sich am Ganzen. Sie stellen einen Teil des Amüsements und unterhalten sich auch gegenseitig."

Heiko, Manuela, Karsten, Imke, René und Antonia. Die Reise in die Vergangenheit beginnt Stunden vorher. Mit vielen Requisiten bereiten sie sich auf eine lange Nacht vor: ganz im Stil ihrer Groß- oder Urgroßeltern.

"Bei mir ist es eine Sehnsucht nach einer Zeit, die es heute nicht mehr gibt und die ich gerne gelebt hätte."
"Da war die Frau eben noch Frau. Sehr feminin. Glitzer, Glamour und wurde auf Händen getragen."
"Es ist ja auch schön, das zu zelebrieren, sich stundenlang fertig zu machen und zu überlegen, was ziehe ich an. Das macht man ja sonst nicht. Zieht Jeans an, irgendein T-Shirt und fertig.
Ich werde heute ganz mondän sein und in die Rolle einer Gräfin schlüpfen.
Jüdischer Geldadel mit Gehrock Zylinder und Fliege."

Jeder schlüpft in sein Kostüm und damit in seine Rolle. Selbstverwirklichung für eine Nacht. Zum Lumpenproletariat der 20er will natürlich keiner gehören.

"Ich bin von Beruf Sohn, der jüngste Spross der von Droschke-Hülsdorfs, Bernhard Donatus."
"Guten Abend, ich bin Ivony Lucy Kurzweg."
"Lord Alfred Kimberley, und es gibt viele Landhäuser, die wir versetzen können, heute abend am Roulettetisch."

Bohème Sauvage: Wild, schillernd und ausgelassen wird gefeiert. Sehen und gesehen werden.

Man tanzt Foxtrott, Shimmy und Charleston. Die Männer: Gigolos und Dandys. Die Damen rauchen mit langer Zigaretten-Spitze, tragen Bubikopf und Wasserwelle und zeigen Bein.

"Man hat mal die Chance, ein bisschen was aus sich zu machen, ohne dass man gleich dekadent wirkt."
"Mondän, mondän, mondän."
"Eine Art Parallelwelt."
"Jetzt stecke ich sicherlich mehr in den Zwanziger Jahren als im Jahre 2007, aber morgen bin ich wieder im Jahr 2007."

Treibstoff der langen Nacht ist Absinth. Stilgerecht mit flambiertem Zuckerwürfel verrührt und dann mit Eiswasser auf Trinkstärke gebracht.
Enthemmte Gäste dürfen sich auf der kleinen Bühne produzieren. Andere verjubeln Millionen von Reichsmark bei Blackjack, Poker und am Roulettetisch. Spielgeld natürlich.

Eine Nacht im Ausnahmezustand. Jeder genießt, soviel er kann. Denn morgen grüßt es wieder: das triste und nüchterne 21. Jahrhundert.

Autor: Felix Oehler

---------------------------------------------------------------------------

aus
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Stadtleben-Boh%E8me-Sauvage;art125,2423286
Tagesspiegel, 20.11.2007 von Ute Zauft

Mit Charme und Scheitel
Inga Jacob veranstaltet Feste im 20er-Jahre-Stil. Wer Einlass erhalten will, muss vorher meist zum Kostümverleih.

Erinnerung an verruchte Zeiten. Das Outfit muss stimmen, wenn sich 20er-Jahre-Fans treffen. - Foto: David Heerde

BERLIN - Zur Begrüßung gibt es etwas „Koks der reichen Leute“. In den Goldenen Zwanzigern war das Wodka, und der war fast unbezahlbar – Kokain gab es damals als Schmerzmittel in der Apotheke. Authentizität ist eben das oberste Gebot bei den monatlichen „Bohème Sauvage“-Partys der „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“. Gastgeberin Else Edelstahl versetzt hier ihre Gäste in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Und die legen großen Wert auf stilsicheres Erscheinen: „Junger Mann, Sie hier? Was für eine Überraschung!“ Ein Mittzwanziger in Anzug und mit reichlich Pomade im Haar klopft seinem Nachbarn mit einem beschlagenen Gehstock auf die Schulter. Das Frollein daneben begrüßt er mit Handkuss. Ihre Lippen sind tiefrot geschminkt, ihre Augen schwarz umrandet. Auf den Festen von Else Edelstahl siezen sich Berliner Szenegänger plötzlich. Zwanzigjährige tauschen ihre Röhrenjeans gegen rückenfreie Paillettenkleider und Federboas. Elegant halten die Damen Zigarettenspitzen in ihren behandschuhten Händen. Das Outfit ist entscheidend, in Jeans und T-Shirt gäbe es für niemanden Einlass. Im E-Mail-Newsletter gibt die Gastgeberin vorsorglich die Adressen eines Kostümverleihs an. Sie selbst trägt Herrenweste und hat ihre blonden Haare in Wellen gelegt.

Früher hat die 26-Jährige, die eigentlich Inga Jacob heißt, bei sich zu Hause zum Salon geladen. Die Wände ihres WG-Zimmers hatte sie mit Stofftapete bezogen, in den Ecken standen Art-DécoSpiegel. Mit der Zeit aber kamen immer mehr Freunde und Bekannte, um sich für einen Abend in die Rolle einer verruchten Diva oder eines galanten Gigolos zu versetzen. Dazu reicht das Wohnzimmer längst nicht mehr. Die Feste finden heute an verschiedenen Orten statt.

Jacob reizte das „Verruchte“ an der Zeit um die Jahrhundertwende und zwischen den beiden Weltkriegen: „In Berlin herrschte damals Endzeitstimmung, es wurde extrem gefeiert.“ Jacob hat kurzzeitig Skandinavistik studiert, heute organisiert sie die Partys mit ihrer Event-Agentur in ihrem Wohnzimmer – Spezialgebiet Kostümfeste.

George – „mit weichem ,sch‘ gesprochen“ – hat sich früher für mittelalterliche Ritterspiele interessiert. Heute trägt er Frack und den Zylinder seines Urgroßvaters. Dass der etwas zu klein ist und schief auf seinem blonden Pferdeschwanz sitzt, scheint ihn nicht zu stören. „Wenn man hier einen Korb bekommt, dann bekommt man ihn mit Stil“, sagt er und schlägt die Beine übereinander. Aus dem Separee hinter ihm dringt Gekicher durch die Vorhänge aus fließendem Samt.

Für die Dekoration der Veranstaltungsorte braucht Inga Jacob mit ihren Freunden schon mal eine ganze Nacht. Anschließend sind die Wände mit parfümierten Stoffbahnen verhangen, hinter der Bar stehen Kerzenleuchter, an den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotos aus vergangenen Zeiten. Ein Billett kann man für zwölf Euro erwerben, im Austausch erhält man am Eingang 30 Millionen Reichsmark. Dafür gibt es Absinth oder Zigarillos beim Bauchladenmädchen zu kaufen. Dieses kann man übrigens auch bitten, einen geheimen Liebesbrief auszutragen. Oder man haut die inflationären Millionen einfach bei einer Runde Black Jack oder beim Roulette auf den Kopf. Auf dem Tanzparkett läuft Musik der 20er bis 40er Jahre: Swing, Charleston und Tango.

Estella von Breitenstein ist mit ihrer ganzen WG gekommen. Ihre Freundinnen sprechen sie mit „Chérie“ an, sie spielt mit den Perlenketten, die um ihren Hals hängen. George schlingt seinen Arm um eine geheimnisvolle Schöne in langem Abendkleid. Der Zylinder sitzt noch schiefer als zuvor, aber trotzdem wirkt er irgendwie elegant.

Die Bohème Sauvage No. 17 findet am 24. November ab 23 Uhr im Oxymoron, Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41 statt, Eintritt: 12 Euro. Infos unter www.boheme-sauvage.de

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 20.11.2007)

---------------------------------------------------------------------------

vom 09.08.07 aus wuz.it - http://www.wuz.it/news/37805/mode-germania-revival.html

Mode: Germania revival anni '20
L'idea di Inga Jacob, giovane berlinese
(ANSA) - BERLINO, 9 AGO - Hanno al massimo 30 anni: i giovani berlinesi che frequentano i 'Boheme Sauvage Party' ultima moda della capitale tedesca.Sono nostalgici di Marlene Dietrich, degli anni '20 e della Repubblica di Weimar. Frequentano feste dove si accede vestiti in puro stile Coco Chanel. L'idea e' di Inga Jacob, giovane berlinese che, dopo aver studiato la moda e il design anni'20 ha inaugurato 3 anni fa il 'Salon Edelstahl', termine col quale si indicano le feste tematiche.

---------------------------------------------------------------------------
aus
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?em_cnt=1187791

Frankfurter Rundschau, 09.08.2007 von Franziska Walser

Feiern wie die Weimarer Bohème

Wasserwellen, Seidentücher, die Kaffeehäuser am Potsdamer Platz und natürlich die literarischen Salons der Weimarer Republik - zumindest ein vages Bild der Zwanziger Jahre hat wohl jeder vor Augen. Inga Jacob reichte das nicht.

Sie las Autobiografien, Geschichtsbücher und eröffnete schließlich vor gut drei Jahren einen eigenen Salon im Stil der Zwanziger Jahre. Die Kulisse bildete das Wohnzimmer ihrer Studenten-WG, das sie mit gemusterten Stofftapeten, Brokat-Sofas und zierlichen Vitrinen in einen Salon verwandelt hatte. Als Bar diente der Kleiderschrank. Der "Salon Edelstahl" zog Schauspieler und Künstler an - Menschen eben, die sich eher der echten als der digitalen Bohème verbunden fühlen. 15 Euro kostete ein Abend - Absinth inklusive, Vorbereitung erwünscht. "Wir haben das richtig ernst genommen und uns nur über Themen unterhalten, die an dem Abend vor 80 Jahren aktuell waren. Zum Beispiel die Funkausstellung von 1924 oder die neuesten Kompositionen von George Gershwin." Natürlich waren auch die Kostüme so echt wie möglich: Die Damen kamen mit Wasserwelle, schwarz geschminkten Rauchaugen und Paillettenkleid, die Herren mit Frack und Gehstock. Obwohl die Party-Termine nur als Geheimtipp unter Freunden weitergegeben wurden, drängten sich die Salonlöwen bald zwischen den Art Déco-Möbeln und Inga Jacob wurde von der Salonière zur offiziellen Partyveranstalterin. Einmal im Monat lädt sie an wechselnden Orten zur "Bohème Sauvage - Gesellschaft für mondäne Unterhaltung". Was sie macht, kann man als praktischen Geschichtsunterricht sehen, als Realitätsflucht oder als Histotainment - aber das hört sie nicht gerne. "Ich steh auf Geschichte. Aber nicht so die Politik und die Fakten, sondern die Mode, die Gesprächsthemen und das Lebensgefühl."
Das Spiel mit den Identitäten fasziniert sie seit ihrer Jugend in der Gothic-Szene. Nach einem Skandinavistik-Studium und einem Praktikum bei einer Veranstaltungsagentur entschied sie sich, eine Epoche zu ihrem Beruf zu machen. Es sind vor allem die Brüche, die die Zwanziger Jahre für sie faszinierend machen: das Gemisch aus Weltuntergangsstimmung und Exaltiertheit in der kurzen Zeit zwischen den Kriegen.

Der Wohnzimmer-Salon ist inzwischen ihre Firmenzentrale. Zwischen schweren Stoffen und hohen Spiegeln stapeln sich Kartons mit Flyern. Auf dem Tisch stehen gleich zwei Laptops, auf denen Jacob die Musik für die nächste Party ordnet. Schlager sind darunter, aber auch elektronische Tangoklänge. Hier siegt ausnahmsweise mal der Pragmatismus über die Perfektion und das digitale MP3-Format über die Schellackplatte.

Die Bohème-Sauvage-Partys nennt Inga Jacob einen verlängerten Salon. Und in der Tat schafft sie es, die intime Wohnzimmeratmosphäre auch bei 300 Gästen aufrechtzuerhalten. Die wichtigste Rolle dabei spielt die Kleidung. Inga Jacob übernimmt die Einlasskontrolle selbst und ist mit der blonden Marlene-Frisur und der Herren-Weste ein lebendes Stilvorbild: Jeans und Turnschuhe gehen schon mal gar nicht. Fliegen, Federboas und Nahtstrümpfe sind dagegen sehr willkommen. Es muss nicht perfekt sein, aber wer sich offensichtlich keine Mühe gibt, kommt nicht über die Schwelle. In der Email-Einladung gibt Inga Jacob vorsorglich die Adressen von spezialisierten Kostümverleihen und Friseuren an.

Die hohen Ansprüche, die die Bohème-Sauvage-Organisatoren an ihre Gäste haben, stellen sie auch an sich selbst und die Ausstattung. Gezahlt wird in Reichsmark. Zu kaufen gibt es Absinth, Zigarettenspitzen aus dem Bauchladen oder eine Umdrehung am Roulettetisch. "Wir dekorieren gut zehn Stunden vor jeder Veranstaltung. Vieles merken die Gäste gar nicht. Zum Beispiel, dass wir die Tapetenstoffe parfümieren", sagt der Mitveranstalter Konstantin Prochorowski und dreht seinen silberbeschlagenen Spazierstock in den Händen.

Paradoxerweise ist es genau der beiderseitige Aufwand von Gastgebern und Gästen, der bei den Bohème-Sauvage-Abenden für eine lockere Stimmung sorgt. Die Gespräche ergeben sich beim Charleston-Tanzkurs wie von selbst, es wird viel gekichert und kokett mit den falschen Perlenketten gespielt. Die Stammgäste, die für die Zeitreise bis aus Hamburg kommen, haben sich sogar Fantasienamen wie "Lady Lou" oder "Franz-Ferdinand Baron von Schifkovic" zulegt. Dass der Baron in Wahrheit Student und Football-Spieler ist, interessiert hier niemanden. "Bohème Sauvage spricht eine soziale Mischung an, die man so auf keiner Party findet", beobachtet Inga Jacob zufrieden. Auf der Tanzfläche schreitet ein altes Ehepaar die Tänze seiner Jugend ab. Daneben versuchen sich zwei Mädchen an ihren Teenager-Tanzkurs zu erinnern.

Vielleicht, so hofft die Veranstalterin, entsteht eines Tages eine richtige Zwanziger-Jahre-Szene in Deutschland. So wie es sie schon für das Mittelalter oder die Rockabilly-Ära gibt. Bis dahin leistet Inga Jacob Aufklärungsarbeit in Sachen Stil: "Da kommen manche mit so einem Fummel aus der Faschingsabteilung und denken, sie sind jetzt ein Flapper-Girl."

---------------------------------------------------------------------------

aus
http://www.stern.de/unterhaltung/ausstellungen/:Berliner-Salonkultur-Hier-Boh%E8me/592924.html
Stern.de vom 13. Juli 2007 von Dirk Engelhardt

Berliner Salonkultur
Hier trifft sich die Bohème

Wer in der Hauptstadt hip sein will, geht nachts in so genannte Salons. Auf der "Bohème Sauvage" in Berlins Mitte tanzen alt und jung zu Swing, Boogie-Woogie und Foxtrott. Wer es noch spezieller mag, besucht den "Erotischen Salon" oder den "China Club".

Sich so zu stylen, als wäre man gerade aus dem Bett gefallen, ist in den meisten Berliner Clubs quasi der Dresscode. Sich kunstvoll vor dem Spiegel zurechtzumachen dagegen uncool. Doch genau diese kunstvolle Ausstaffierung ist es, die den ungeheuren Reiz von "Bohème Sauvage" ausmacht, der Neuauflage einer wilden Tanznacht, wie sie zu Beginn des letzten Jahrhunderts in Berlin gang und gäbe war.
Die neue Berliner Salonkultur
Wo Damen noch keusch mit "Fräulein" angesprochen werden
Einmal pro Monat heißt es, das Macbook gegen den Fächer einzutauschen und die nächtliche Zeitreise anzutreten. Im samstagabendlichen Getümmel in den Hackeschen Höfen, zwischen Touristen aus Bamberg und Jugendcliquen aus Zehlendorf, fällt sie auf: die Dreier-Mädchengruppe, gewandet in dunkelroten, ärmellosen Minikleidern mit Spitze, um den Hals mehrere dicke Perlenketten. Die Haare wurden schimmernd mit der Wasserwelle in Form gebracht, die Augen dunkelgrau mit Mascara und Lidschatten betont. Eine freudig erregte Ausstrahlung geht von ihnen aus, und Passanten merken, dass sich die Damen nicht einfach so zum Spaß angekleidet haben.

Kurz darauf folgt ihnen eine Gruppe dreier junger Herren, ebenfalls formvollendet gekleidet, mit Sakko, Weste und Spazierstöcken. Sie grinsen sich verschwörerisch an, und erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man, dass die erhöhte Ausdruckskraft ihrer Augen dem Einsatz eines Kajal-Stiftes zu verdanken ist. Dann stolzieren sie, in gemessenem Abstand zu den "Fräuleins", wie unverheiratete Damen hier noch keusch angesprochen werden, zum Eingang des Salons.
Eine halbnackte Schönheit lockt in den Salon
"Bohème Sauvage ist keine Party, sondern ein rauschendes Fest zu Ehren der Helden vergangener Nächte", sagen die Veranstalter jener Festivität, die "Gesellschaft für mondäne Unterhaltung". Schon die Einladungskarte mit ihrem Jugendstildesign und der lasziven, halbnackten Schönheit mit Federboa und grünen Pumps zeigt, wie liebevoll und gekonnt die Macher sich ihrer Veranstaltung annehmen. Ins Leben gerufen wurde die Eventreihe von Inga Jacobs, 26 Jahre alt. Schon vor vier Jahren begann sie, in ihrem Wohnzimmer private Salons im Stil der 20er Jahre zu veranstalten. Für die Vorbereitung von "Bohème Sauvage" nimmt sie sich Zeit: Neun Stunden lang wird der Salon mit Spieltischen, Stoffbahnen und Postern dekoriert, sogar einen kleinen, beleuchteten Bauchladen für den Zigarettenverkauf hat Inga Jacobs gebastelt. Dazu gibt es Zigarettenschachteln im Jugendstildesign zum Selberfalten für einen Euro.
Omas alte Kleider sind plötzlich wieder heiß begehrt
Die Gäste nehmen die Einladung dankbar an, es gibt mittlerweile Stammgäste, die extra aus Hamburg anreisen. Tatsächlich findet sich im Ballsaal kaum jemand, der nicht viel Mühe auf ein individuelles Äußeres verwendet hat. In dem Raum mit dem Kristalllüster und den dunkelroten Samtsofas fallen nur die Kellnerinnen mit ihren Baumwoll-T-Shirts aus dem Rahmen. Ansonsten ist die Zeitreise in die 20er Jahre perfekt: eine junge Dame trägt eine silbrig-weiße Bubikopf-Perücke zur schwarzen Federboa, eine andere zieht die Blicke mit einem orientalischen, goldglänzenden Kopfschmuck auf sich, im Gesicht eine kunstvolles Make-up mit Goldglitter, welches in Wellenform von den Augen strahlt.

Ein gewisses Fräulein Drusilla hat sich ihr Ouftfit im farbenfrohen Tiki-Style und tropischen Blüten selbst geschneidert. Dass der Tiki-Style seine Blüte in den 50er Jahren hatte, wird hier nicht so eng gesehen. Glücklich, wer eine Großmutter in der gleichen Stadt hat - deren Paillettenkleider oder Roben mit schwingenden Goldfäden sind jetzt auf einmal heiß begehrt. Für die anderen gibt es in Berlin genug Läden, die entsprechende Ausstattung verkaufen oder verleihen.
Hier trifft sich die Bohème
Laisser-faire! Verruchte Wildheit!
Ein gewisser Konstantin alias "Coco" macht indes mit lautem Geklapper auf sich aufmerksam - seine Schuhsohlen sind mit Eisenringen verstärkt. Zusammen mit dem akrobatischen Werfen seines Spazierstocks im Takt der Swing-Musik ist er beim weiblichen Publikum sofort der Held des Abends. Alle Altersklassen sind vertreten: Ein Herr mit - echtem - weißen Schnurrbart präsentiert sich im gedeckt hellen Anzug und passender Fliege. Auf seinem Kopf thront ein originaler, roter Fez mit schwarzen Borten, wie ihn Sultane früher trugen. Die kirschroten Lippen einer Dame schließen sich um eine schwarze Zigarettenspitze, während ihr Begleiter etwas unschlüssig am Begrüßungscocktail nippt: Apfelsaft mit Grand Marnier, im Sektkelch gereicht. Angeblich auch ein Aperitif der 20er Jahre.

Nur einmal im Monat findet die Party statt, und die Stimmung vibriert so fühlbar, dass man sich tatsächlich in die Goldenen Zwanziger zurückversetzt fühlt. Zum Charleston und Swing füllt sich die Tanzfläche wie von selbst, Männer tanzen mit Männern, Frauen mit Frauen und Frauen mit Männern. Oder auch ganz allein. Laisser-faire! Verruchte Wildheit! Nächte ohne Morgen! Die orientalische Schönheit ist mit ihrem Begleiter allerdings nicht zufrieden: "Tritt mir nicht dauernd auf die Füße!" herrscht sie ihn etwas undamenhaft an.
"Leichte Mädchen" tanzen im Goldstaub
Kleine Dinge sind es, die den Reiz der Nacht ausmachen. Die 30 Millionen Reichsmark, die jeder Besucher zum Roulette-Spiel im Hinterzimmer bekommt, sind exakte Kopien des Geldes jener Zeit. Für jeweils 60 Millionen Reichsmark gibt es ein Gläschen hochprozentigen Absinth, stilecht serviert mit brennendem Zuckerwürfel. Nicht nur der Roulettetisch ist die ganze Nacht heiß umlagert. Auch beim Poker und der Black Jack wird gedrängelt - wobei die Damen das Roulette präferieren, die Herren eher das Pokern.

Im verruchten - aber keineswegs verrauchten - Ambiente legt der "Unterhaltungskünstler" Schallplatten mit Tanzmusik der 20er bis 40er Jahre auf, vermischt mit Charleston, Tango, Klezmer, französischen Chansons und russischer Volksmusik. Es ist tatsächlich so, wie es vollmundig in der Einladung geschrieben steht: Die "Roaring Twenties" röhren bis in die frühen Morgenstunden, der Goldstaub glitzert in der Luft und die "leichten Mädchen" halten den Rocksaum beim Tanzen kokett in der Hand.
Für alle Vorlieben der passende Salon
Nicht ganz so ausschweifend, aber nicht minder interessant sind andere Salons, in denen Musikvorträgen gelauscht oder auch diskutiert wird. Rund 50 Interessierte kommen immerhin zusammen, wenn Veranstalterin Silke Maschinger zum "erotischen Salon" einlädt, und dabei mit Gästen über Themen wie "Das spielerische Raufen für Erwachsene als Form der lustvollen körperlichen Auseinandersetzung", die weibliche Ejakulation, Erotik-Workshops für Behinderte oder Luxus-Swingerclubs diskutiert. Als Ort wählte sie einen mit Stühlen und bequemen Sofas ausgestatteten Raum in der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg, die Nähe zu potentiellen Gästen dürfte dabei gegeben sein.

Improvisiert, und ein echter Geheimtipp in der Berliner Szene sind die sogenannten Wohnzimmerkonzerte, die private Salonatmosphäre und gemeinsames Musikerlebnis kombinieren. Initiatorin ist Elena Brückner. "Weltklassemusiker und lokale Talente" sollen sich ein Stelldichein im intimen Rahmen eines Wohnzimmers geben und hautnahen Kontakt mit interessiertem Publikum suchen. Das Konzept ist schnell umrissen: Drei Musiker, meist Singer und Songwriter, verwandeln das Wohnzimmer einer Privatwohnung in einen Konzertsaal und spielen je 40 Minuten. Kommen kann jeder, der sich anmeldet. Da meist nicht mehr als 40 Stühle in ein Zimmer passen, sind die Konzerte sehr schnell ausverkauft.
Luxus pur im "China Club"
Salons gibt es für jede Schicht: allen voran der im Hotel Adlon beheimatete "China Club", in dem allein die Aufnahmegebühr ab 10.000 Euro kostet. Aufgenommen wird hier allerdings längst nicht jeder, der das Geld hat. Wer es geschafft hat, hat Anrecht auf exklusive Warenhausbesuche etwa in den Galeries Lafayette - außerhalb der Öffnungszeiten, versteht sich. Ein klassischer Salon ist der "Hamburger Salon", hinter dem Doktor Heidrum Brauer und ihr Salon-Team steht. Brauer sieht sich in der Tradition der Berliner Salondame Rahel von Varnhagen. Zu den halbjährlich stattfindenden Abenden kommen prominente Besucher, es werden Texte rezitiert und am Ende des Abends wird Geld für einen guten Zweck gespendet. Die Abende sind vielleicht nicht so wild wie die der "Berliner Sauvage", dafür gehen die Gäste mit dem Gefühl nach Hause, etwas Gutes für sich und andere getan zu haben.

Berliner Salons:
www.berlinerzukunftssalon.de
www.bohemesauvage.de
www.liveintheliving.de
www.erotischer-salon.de
www.derschoenesalon.de
www.berlinerzimmer.de

Hamburger Salon:
www.salon-hamburg.com

---------------------------------------------------------------------------

aus
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/spezial/dossiers/clubs/75422/index.php
Berliner Zeitung, 29.03.2007 von Wiebke Hollersen und Yoko Rücker

Berliner-Nächte

Dandys und Wasserwellen

Die Partyreihe "Bohème Sauvage" feiert die Vergangenheit. T-Shirts und Turnschuhe sind tabu.

Das Kleid ist kurz, schwarz und spektakulär. Das liegt nicht am Schnitt, der ist einfach: von Spagettiträgern gerade herunter. Es liegt an den langen Goldfäden, mit denen das Kleid auf Brusthöhe gesäumt ist. Ein Glitzervorhang, der sich bei jeder Bewegung ein wenig öffnet. "Wer das will, muss sich beeilen", sagt Mariko Kourikan-Pentagram: "Das Kleid trägt jedes Mal eine, wenn Bohème Sauvage gefeiert wird." An diesem Wochenende ist es wieder so weit. Berlins bekannteste Zwanziger-Jahre-Party steigt im Oxymoron.
Mariko Kourikan-Pentagram hat einen Laden für gebrauchte Kleider in Kreuzberg. Bei "Bonnie und Kleid" kann der schönste Teil der Kleider nur geliehen werden. Etwa solche im Stil der Zwanziger, die braucht, wer zu Bohème Sauvage eingelassen werden will. Es gibt Partys, für die Frauen lange vor dem Spiegel stehen, um auszusehen, als kämen sie gerade aus dem Bett. Bei Bohème Sauvage muss die Aufmachung unbedingt nach Aufwand aussehen. Die Roaring Twenties waren schließlich alles - nur nicht bescheiden.
Für Bohème Sauvage tauschen sogar Berlinerinnen ihre Jeans gegen die Paillettenkleider ihrer Großmütter. Sie legen ihr Haar in Wasserwellen und schmücken es mit Federn und Tüll. Sie lassen zu Swing und Tango Perlenketten fliegen und duften blumig. Während ihre Dandys nebenan beim Pokern gewinnen, flirten sie mit schwarz bemalten Augen hinter Spitzenfächern und lassen sich von Mafiosi Absinth servieren, als hätten sie nie anderes getrunken.
Die Party planen Inga Jacob und Konstantin Prochorowski in einem Friedrichshainer Wohnzimmer. Zu den Partys gehört, dass sich Stammgäste Phantasienamen zulegen. Jacob und Prochorowski heißen dann Else Edelstahl und Conferencier Coco. Auch privat legen die beiden Wert auf den entsprechenden Stil. Auf dem Samtsofa in Jacobs Wohnzimmer sitzt eine schwarze Katze, die Tapete ist aus gemustertem Stoff, Tangomusik läuft. Die "Gesellschaft für mondäne Unterhaltung" nimmt ihre Sache ernst.
Inga Jacob hat vor vier Jahren begonnen, in ihrem Wohnzimmer private Salons im Stil der Zwanziger Jahre zu veranstalten. Jetzt ist sie 26 und organisiert alle möglichen Veranstaltungen. Ihre liebste ist Bohème Sauvage - der verlängerte Salon, der ein Mal im Monat im Oxymoron oder im Bassy stattfindet. "Wir sind keine reine Zwanziger-Jahre-Party. Es geht um die Jahre 1880 bis 1940. So ungefähr", sagt Inga Jacob. Konstantin Prochorowski, 21 Jahre alt und Schauspieler, wirft ein: "Wir machen gar keine Party."
Ein Fest. Das soll es sein. Ein detailversessenes Fest: Um das Sofa stehen Kisten mit Reichsmark-Spielgeld und Roulette-Utensilien, Stoffbahnen-Stapel und ein selbst gebauter Bauchladen mit kleinen Glühlampen. Neun Stunden lang dekorieren die Organisatoren den Club, in dem sie feiern. Jemand hat ihnen gesagt, dass man Histotainment nennt, was sie machen, Unterhaltung mit Geschichte. Sie sagen, dass sie schon immer ein Faible für die Jahrhundertwende hatten, für Begriffe wie Bohème oder Dandy. Wer möchte, wechselt für eine Nacht Namen und Beruf. Aus Studenten werden Adlige, aus Angestellten leichte Mädchen. Die Stammgäste, die auch aus Hamburg anreisen und zwischen 18 und 65 sind, lieben das Spiel. "Man siezt sich. Einige ihren sich sogar", sagt Prochorowski. Neue Gäste seien manchmal überwältigt, sagt Inga Jacob. Aber auch bei Bohème Sauvage kommt die Musik mitunter von CDs, am frühen Morgen kann sie elektronisch werden. Es gibt kein Handyverbot.
Streng verboten sind nur drei Kleidungsstücke: "T-Shirt, Jeans, Turnschuhe." Moderne Anzüge werden nicht gern gesehen, aber akzeptiert. Hauptsache, die Dame oder der Herr haben sich bemüht: "Eine Stunde vor dem Spiegel sollte angebracht sein. Als Würdigung unserer Arbeit und der anderen Gäste."

---------------------------------------------------------------------------

http://www.rbb-online.de/_/zibb/beitrag_jsp/key=5100837.html
zibb vom 27.11.2006 - Fernsehbeitrag von Helge Oelert

Helge goes Twenties

Nostalgie liegt im Trend. Wer in die vorweihnachtlichen Schaufenster guckt, hat das Gefühl, im London der 60er Jahre zu sein. Doch der letzte Schrei sind die 20er. zibb-Reporter Helge hat eine "Boheme Sauvage"-Party besucht.
Über 250 Nostalgie-Fans treffen sich am Samstag im Oxymoron-Club und feiern die "Beau Sauvage"-Party im Stil der 20er Jahre. Die Ladies mit Wellenreiter-Frisur, Stirnband und Pagenkopf. Die Herren kommen als Ganoven oder Gigolos mit Hut, Weste und Nadelstreifenanzug.
Berlin war in den 20ern die drittgrößte Stadt der Welt - und wahrscheinlich deren sündigste. Drogen, Sex, Amüsement - in kürzester Zeit den größtmöglichen Spaß zu haben, das war das Ziel. Und Charleston war die Musik zu diesem Tanz auf dem Vulkan. Der Körper zuckt wie in Ekstase, die Knie verdrehen sich zwischen X- und O-Beinen, die Hände wirbeln durch die Luft. Heute haben Charleston, Jitterburg und Co. wieder Konjunktur. In Tanzschulen versucht die Jungend, wieder übers Parkett zu fegen wie einst ihre Großeltern.
Beim „Hofbarbier" in Schöneberg hat man sich auf nostalgische Frisuren spezialisiert. Von Metropolis bis blauer Engel gibt es hier alles, was das Haar begehrt.

---------------------------------------------------------------------------

aus
http://www.morgenpost.de/content/2006/11/23/szene/867491.html
Berliner Morgenpost, 23.11.2006 von Tina Molin

Feiern wie in den Goldenen Zwanzigern
Bei den Abenden von "Bohème Sauvage" erwacht die Ära von Absinth und Al Capone neu.

Kiki ist erregt. Die Dame im elfenbeinfarbenen Spitzenkleidchen nestelt nervös an ihrer überlangen Perlenkette. Ihr Blut in Wallung bringen zwei elegante Herren, die wortreich um ihre Gunst buhlen. Bonmots schwirren durch die Luft, jeder Angriff wird geistreich pariert. Plötzlich ein Aufschrei, Kiki sinkt zu Boden. Eine Dame mit Wasserwellen-Frisur eilt heran und reicht Riechsalz.
Click here to find out more!

Was wie eine Filmszene aus dem Kostümschinken "Stolz und Vorurteil" klingt, passierte letzten Monat im Oxymoron am Hackeschen Markt. Bei der Party "Bohème Sauvage" scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Gäste huldigen den 20er-Jahren, tragen Melone, Spazierstöcke mit Elfenbeingriff, Einstecktücher, Federboas und Zigarettenspitz.

"Bohème Sauvage ist keine Mottoparty", sagt Veranstalterin Inga. "Wir verkleiden uns nicht, wir erleben die Epoche." Tatsächlich nehmen die Gäste für diesen Abend eine neue Identität an. Zu glamourös klingenden Pseudonymen wie Else Edelstahl oder Gamaschen Joe entwickeln die Partygänger ganze Lebensläufe. Etwa das Revue-Girl Kiki, die bei den Shows bisher nur in der zweiten Reihe tanzte und nun förderliche Kontakte machen möchte.

Veranstalterin Inga lädt seit Mai dieses Jahres zur "Gesellschaft für mondäne Unterhaltung", wie es auf dem Flyer heißt, ein. Gehuldigt wird der Zeit zwischen 1870 und 1940. Die Gäste dürfen als Gigolo, Dandy, Ganove oder Revue-Girl, Cancan-Tänzerin und Diva kommen. Als Programm gibt es 20er-Jahre-Modenschauen, Live-Bands, Burlesque-Striptease und eine DJane, die altes, swingendes Vinyl auflegt.

Die Liebe zu den 20-ern reicht bei Inga alias Else Edelstahl vom Grammophon über den Zigarettenspitz, an dem sie lasziv zieht, bis zur Revolution. "Das war eine Zeit des Umbruchs", sagt die Künstlerin. Die Frauenbewegung habe ihre Wurzeln in der Epoche, Korsagen wurden gegen Anzüge getauscht, das Radio erfunden. Auch ihr Kompagnon Konstantin alias Coco hat sich dem Dandytum mit Herz und Hemd verschrieben. Der Jungschauspieler tanzte bei der Party des Stadtmagazins 030 in der Kulturbrauerei mit Melone, Spazierstock und Schalkrawatte in Mitten der Techno-Jünger. "Wir schwelgen in der Zeit, verschließen uns aber nicht der Moderne", sagt Konstantin. Daher wird niemand, der bei "Bohème Sauvage" ein Handy zückt, des Clubs verwiesen.

Im Mittelpunkt steht aber die Zeitreise. Und die wird vor allem über kleine Dinge vermittelt. Man siezt sich, die Toilette heißt "Abort", es gibt Lakritzstangen zu kaufen, der Absinth wird nach altem Ritual mit Zucker und Löffel gereicht und die Gäste zocken am Roulettetisch mit alter Reichsmark. Doch die "Bohème Sauvage", die wilde Künstlerschar, spielt nach ihren eigenen Regeln. Da zücken Ganoven wie Gamaschen Joe die Plastikpistole, rauben kurzerhand den Croupier aus und spendieren den Cancan-Tänzerinnen vom ergaunerten Papiergeld Champagner.

-----------------

aus http://www.alemaniaparati.diplo.de/Vertretung/mexikogic/es/05/Tiempo_20Libre/Boheme__Seite.html von Paco Arteaga im Oktober 2007 - Deutsche Botschaft - Vertretung Mexico

Bohème Sauvage: Regreso al pasado. Viaje inolvidable a través del tiempo

"Fuimos recolectando gente interesante. Incluso cuando salía y veía a personas cuyo perfil era el adecuado, me acercaba y les invitaba".
Dicen que un par de inventos que todavía se les escurre de entre los dedos a los científicos es la teletransportación y viajar en el tiempo. Algo que, sin duda, Inga Jacob se ha propuesto combatir con sus fabulosas fiestas. La casa de Inga Jacob se asemeja al atrezzo de una película ambientada a finales del siglo XIX. Papel en las paredes, mobiliario señorial, tapicería floral, cortinas colgantes, lámparas de cristal. Incluso hasta un gato negro se pasea por mi regazo mientras efectuamos nuestra entrevista.
Inga Jacob comenzó celebrando fiestas de época en su casa de Simon-Dach Strasse –donde vive desde hace casi cuatro años- en un principio sólo para un reducido círculo de personas: amigos, conocidos y desconocidos. Más tarde, sus relaciones laborales le facilitaron una propuesta para realizar una de sus fiestas en un club. Así nació Bohème Sauvage. Natural de Düsseldorf pero afincada en Berlín desde hace ocho años, Inga Jacob (26) se instaló en la capital alemana con la intención de finalizar sus estudios escandinavos y de literatura en la universidad. Hasta que decidió dirigir sus pasos hacia otros derroteros que primero la llevaron a realizar gestiones de booking en una empresa de contratación musical y más tarde a la organización de fiestas temáticas como trabajadora autónoma. Relata Jacob el despegue de su trayectoria: “Todo empezó cuando me mudé a esta casa. Quería decorarla en un estilo antiguo, vintage, romantic, rococó..., como estos muebles que ves”.
Inga y una buena amiga tenían la idea de organizar una especie de Salon, a modo de los salones tradicionales franceses. La idea incluía la existencia de una Saloniere, que recibía a sus invitados y los presentaba entre sí, además de algún entretenimiento especial a pie de escenario, piezas musicales, juegos y shows. Se trataba de conocer gente en una atmósfera privada, ubicando la acción en los años 20. “Siempre he estado interesada en la historia y especialmente en la moda. Pero no sólo historia política sino más bien cultural: qué pensaba la gente de cada época, la literatura, el arte”, especifica. Un Salon situado en la década de los felices y locos años 20, que proporcionaba a los invitados la oportunidad de interpretar un personaje. Una vida diferente. Un viaje a otro espacio. Un tiempo distinto. Una personalidad fascinante que nos permitiera la posibilidad, no sólo de soñar despiertos, sino de llevar a cabo fantasías -de otro modo- irrealizables. Un juego de rol. Pero con total libertad. Sin imponer reglas de ningún tipo. Todo empezó así. Con una fiesta inspirada en ochenta años antes al momento actual en que Inga decidió organizarla. Exactamente, en 1924. “Hicimos algunas investigaciones para averiguar qué había pasado entonces: como por ejemplo la primera IFA, (la International Funkausstellung)”. Y lo que comenzó como una idea divertida en la que la gente se caracterizaba y jugaba un rol de la época, terminó convirtiéndose en su actual fuente de ingresos.

Un viaje a otro espacio, un tiempo distinto. Una personalidad fascinante que nos permitiera no sólo de solar despiertos, sino de llevar a cabo fantasías - de otro modo- irrealizables.

Inga y uno de los invitados a esta tertulia conversan en la penumbra de las noches de Berlín... a principios del siglo XX.
Bohemia salvaje. La sociedad del comportamiento mundano
Cuarenta fueron los afortunados que asistieron a la primera fiesta compuesta de amigos y gente que podría encajar. “Fuimos recolectando gente interesante. Incluso cuando salía y veía a personas cuyo perfil era el adecuado, me acercaba y les invitaba”, continúa Inga. ¿El resultado? Gente fascinante en interacción. Algunos de ellos incluso actores profesionales o aspirantes a ello. Gente divertida, en cualquier caso. Desde ese momento, las fiestas empezaron a celebrarse cada tres meses en su casa. Con un pequeño escenario y algunos detalles -fotos y posters- en paredes y muebles para ambientar el período histórico que se quería rememorar... También algún juego. Uno de ellos por ejemplo, consistía en que todas las mujeres debían introducir un pequeño accesorio en una bolsa que luego cada hombre sacaba al azar e intentaba averiguar a quién pertenecía, obteniendo un premio (beso) o un castigo (permanecer con una venda en los ojos durante media hora), dependiendo del éxito o fracaso de la adjudicación.
“La gente me sugería que lo hiciera a lo grande, como algo más formal”, explica Inga. En mayo de 2006 nació entonces (oficialmente) Bohème Sauvage (www.boheme-sauvage.de) en Bassy, local de Schönhauserallee, a cuyos promotores Inga conocía bien. “Yo ya organizaba fiestas desde hacía cinco años, como por ejemplo Red in a Hot Rod (www.girlinahotrod.de) , fiesta rockabilly de los años 50, una vez al mes. Así que los promotores de Bassy me dieron la oportunidad de organizar una en su club”. Inga y sus tres socios obtienen todo el dinero que se factura en la entrada. Unos 10 ó12 euros por persona. Ése es el trato. Clientes fijos cuentan con precios especiales.
Actitud y dresscode: obligatorios
El dresscode además de obligatorio, es fundamental: “Definitivamente no camisetas, no jeans, no deportivas”, sentencia ella misma. El abanico es amplio, aunque estricto: desde finales del siglo XIX hasta 1940. Franja que suele abarcar el tema de estas fiestas. Dandys, divas, bohemios, burlesque, cabaret, cancan, mafia, decadente, gala, gigolo, glamour, Moulin Rouge, proletario. Pero sólo admite ropa de noche. La particularidad suele recaer en los accesorios: monóculos, bastones, chisteras, camafeos, pelucas, tocados, collares de perlas, pañuelos, boqueras para cigarrillos. “A mí me encanta el estilo garçon, que surgió precisamente en los años 20, cuando las lesbianas tomaron protagonismo, especialmente en Berlín, con Dietrich como abanderada”, destaca Jacob. El 50% del público que acude a sus fiestas, suele ser clientela fija. Gente desde los 18 años, aunque predominan los de entre 25 y 35 años. Pero también acude una masa importante de público mayor de entre 50 y 60 años. “Incluso hay gente que viene con sus padres“, añade.
Inga Jacob, además de organizar dos eventos regulares de estas características al mes (sus fiestas Bohème Savage y Girl in a Hot Rod), también se dedica a realizar performances, vestuario de fantasía, actuar, o cantar. “Realmente, no me consideraría una artista porque las cosas que hago no son muy difíciles de hacer”, comenta sin pretensión alguna en sus palabras. Bohème Sauvage tiene su razón de ser -la mayoría de las citas- en Oximoron, Hackeschen Höfe (Rosenthalerstrasse, 40-41), aunque se trata de una fiesta itinerante.
Dos espacios diferenciados: uno es el Salon de baile. Una sala muy chic con espejos enormes, candelabros, papel en paredes, cortinas, y mucho dorado.. El otro, decorado normalmente durante ocho horas para cubrir su estilo original de los años 70, suele acoger al casino donde es posible jugar a la ruleta, al black jack o incluso al poker. La fiesta empieza con música auténtica de los años 20 y 30, que luego se mezcla con música folk rusa, gitana, charlestón, tango, ítalo, chanson, tarantela. Incluso se imparten lecciones de baile al principio de la velada. ¿La bebida estrella? Absenta, al más puro estilo de los revolucionarios bohemios de finales del siglo XIX, y que consiste de alcohol, ajenjo y otras hierbas aromáticas, con un sabor parecido al anís. De ella disfrutaban Oscar Wilde, Charles Baudelaire y Vincent van Gogh, entre otros.
Generalmente, suelen acudir unas 250 personas... Uno de sus mayores logros fue la asistencia del reconocido cantante de Schlager (balada popular alemana y escandinava), Max Raabe. ¿La próxima cita? El 27 de octubre.¿Te lo vas a perder? ¡Atento a su web!
CAI, Paco Arteaga, Octubre de 2007

Inga Jacob, anfitriona de las fiestas "Bohème Sauvage" y el Sr. Paco Arteaga, colaborador del CAI, hacen un guiño bohemio como de hace ochenta años a nuestros lectores hiper-digitales.

---------------------------------------------------------------------------

weiteres

aus
http://www.berlinonline.de/tip/redaktion/.bin/index.php/party/artikel/clubs/default/31713.html
TIP Magazin Ausgabe 24/06

Wer wollte nicht schon mal Gigolo sein und die ganze Nacht mit einer Zigarette am Roulettetisch sitzen oder mit der schönen Diva eine Runde swingen? Bohème Sauvage lässt die Goldenen Zwanziger mit Absinth und Stummfilmen wieder aufleben. Reingelassen wird nur, wer sich dem Anlass entsprechend gekleidet hat.

---------------------------------------------------------------------------

aus
http://dolarus.com/?q=node/3

In Berlin the trend is revival 1920
Submitted by aminagup on Sat, 08/11/2007 - 11:47.

Fashion Party dated 1920
In Berlin it is now fashionable going in the street by wearing clothes as they used to wear people of 1920, accessories such as long pearl necklaces for women it is a must have to revoke and remind those years and long skirts Coco Chanel style typical of the ancient Republic of Weimar of German where women used to show to parties their fashion and style.
The idea started by a young lady , Inga Jacob, after studying in ecyclopedias and analysing the costumes at that time decided to report it in nowadays life, and she opened 3 years ago the " Salon Edelstahl", where all youngsters sharing the same trend come and enjoy as people of 1920 used to enjoy listening to the music of George Gerschwin.
For Inga Jacob the real history, or part of the history is not talking about politics but also the real life of people, our ancestors who changed the life style and a big changement in our society.
If you are interested this is the site to participate at this event. It will be a great opportunity for experiencing the life at that time.

 

zurück zu "Wissenswertes"