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die Presse über 'Bohème Sauvage' zurück zu "Wissenswertes"
--------------------------------------------------------------------------- Hamburger Abendblatt
/20. Dezember 2010 Wasserwellen und Knickerbocker: Auf der "Bohème Sauvage" wird in Hamburg regelmäßig der Stil der zwanziger Jahre zelebriert. Vier Stockwerke sind es in die Vergangenheit. Eine kurze Fahrt im Aufzug, der sich mühsam Etage für Etage vorarbeitet. Es riecht nach süßem Parfüm und Haarspray, vereinzelt werden Lippen nachgezogen, Haare gekämmt. Mit einem Ruck hält der Fahrstuhl. Ein Concierge mit perfekt gestutztem Menjou-Bärtchen öffnet die Metalltüren. Nach einigen Schritten ist man angekommen – in einer anderen Zeit. Es ist nicht mehr das „Uebel & Gefährlich“ an der Feldstraße, in dem man sich befindet, nicht der Dezember 2010. In diesem Saal mit den schweren Samtvorhängen werden die zwanziger Jahre zurückgeholt. Die Damen tragen taillierte Kleider und Pelzstola. Herren mit Einstecktuch im Smoking flanieren über das Parkett. Im Hintergrund spielt ein Grammophon. Eine Männerstimme singt, etwas kratzig, von Liebe und Schmerz. Zum dritten Mal hat die „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“ zur „Bohème Sauvage“ in Hamburg geladen. Keine Mottoparty mit billiger Kostümierung. Wer hier feiert, der möchte die Epoche erleben. Der möchte eintauchen in diesen Lebensstil, in die Kultur der Bonvivants und Dandys. „Wir zelebrieren ein rauschendes Fest zu Ehren der Helden der vergessenen Nächte“, beschreibt es Else Edelstahl. Sie steht an der Bar, vor ihr ein Glas Absinth, das Getränk dieses Abends. Hübsch ist sie, mit ihrer platinblonden Wasserwelle, den roten Lippen und dunkel geschminkten Augen. Else kennen viele der Gäste. Ein Herr mit Stock und Melone bleibt kurz stehen, haucht einen Kuss auf ihren Handschuh. „Werte Dame, es ist immer wieder formidable bei Ihnen“, sagt er und geht weiter, seine weibliche Begleitung im Fransenkleid eingehakt. Fräulein Edelstahl ist die Gastgeberin der Gesellschaft. 2004 begann sie als Inga Jacobs, Skandinavikstudentin aus Berlin-Friedrichshain, mit einer Privatfeier in ihrer WG. Sie hatte genug von den Partys, auf denen viel getrunken und wenig getanzt wurde. Wo Jeans und Chucks zur Abendgarderobe gehörten. Das Fest, der Salon, war ein Erfolg – und aus Inga wurde Else. Seit 2006 veranstaltet sie einmal im Monat die „Bohème Sauvage“ in Berlin, mittlerweile expandiert man in den Norden. Die Nachfrage ist ungebrochen. 300 bis 600 Gäste kommen, je nach Größe des Veranstaltungsortes. Die Faszination? „Ohne Grund mondän zu sein“, erklärt es Max von Zimmer. Der Herr im maßgeschneiderten Anzug, Gamaschen und Melone heißt eigentlich Jürgen. Seinen Nachnamen möchte er nicht verraten. Der sei schließlich unwichtig an diesem Abend. Heute zählt nur seine Rolle. Es ist ein Spiel, das viele der Anwesenden in absoluter Perfektion beherrschen. Die Idee, sich nicht nur entsprechend der Epoche zu kleiden, sondern sich auch so zu fühlen, das reizt sie. Tagelang wird an dem Outfit gefeilt. Es muss authentisch wirken, das verlangt der Dresscode. Moderne Kleidung, schrille Kostüme oder Perücken sind nicht erwünscht. Raphael Lorenz und Nathalie Deutsch aus Bramfeld haben sich Kleid und Anzug in London schneidern lassen. Beide lieben die Mode der 20er und 30er-Jahre – nicht nur für eine Nacht. „Ich trage die Kleidung im Alltag. Das ist einfach stilvoller“, sagt Raphael, nickt dabei einer Frau im knöchellangen Mantel zu, die bedächtig an ihrer silbernen Zigarettenspitze zieht. Man kennt sich, verabredet sich über Foren wie Swingstyle.de zum Tanzkurs, stöbert in Läden wie Herr von Eden oder Recession by Marla nach eleganter Retro-Mode. Was diese schillernden Gestalten der Nacht eint, ist aber mehr als eine Kleiderordnung. Es ist die Sehnsucht nach einem Lebensgefühl. Nach Abenteuer und Genuss. In einer Zeit, in der über Facebook und Twitter kommuniziert wird, anonym, schnell und unverbindlich, wo viele Unsicherheiten und Ängste den Alltag bestimmen, wächst das Verlangen nach Werten und Etikette. Die Halt geben, ohne ein Korsett zu schnüren. Die Goldenen Zwanziger waren Jahre des Umbruchs und Aufbruchs. Frauen trugen nach Vorbild Coco Chanels Hosenanzüge und kurze Haare. Es wurde Charleston und Swing getanzt, Jazz gehört. Die Abende, besonders in Berlins prächtigen Sälen, waren lang, voller Musik, Alkohol und ausgelassener Atmosphäre. Heute, sagt eine junge Frau mit Pelzhütchen, hetze doch jeder für sich durch das Leben. Und was sei die digitale Gemeinschaft schon gegen diese reale Geselligkeit? Sie zieht zum Beweis ein Papierstück aus ihrer mit Perlen bestickten Handtasche. „Darf ich Sie zum Tanz bitten?“, ist darauf zu lesen. Die Depesche wurde ihr zugestellt, jeder Gast hat sie für diesen Abend erhalten. Niemand muss hier auf der Tanzfläche alleine bleiben. An den Pokertischen verzocken derweil fünf Männer ihre Reichsmark. Zwanzig Millionen-Scheine wurden beim Einlass ausgeteilt – es herrscht schließlich Inflation. Die Burlesque-Tänzerin Xarah von den Vielenregen räkelt sich auf der Bühne, der Absinth neigt sich dem Ende zu. Und auch die Gesellschaft bricht gegen fünf Uhr morgens langsam auf. Mäntel werden von der Garderobe geholt, die Pumps gegen flache Winterstiefel getauscht. Am Ausgang, kurz vor dem Fahrstuhl, bleibt eine Frau mit Federboa und Perlenschmuck im Haar stehen. „Ich mache noch eine Foto von euch“, sagt sie zu ihren Begleiterinnen und zieht ein iPhone aus der Tasche. Die Reise ist vorbei. Nun kehren sie zurück, die Fräuleins, Bohemiens und Adeligen dieser Nacht. In ihr Leben, in die Gegenwart.
--------------------------------------------------------------------------- La Gazette de Berlin
/09. März 2010 aus: http://www.lagazettedeberlin.de/6001.html Berlin a une particularité étonnante, le week-end, on peut se retrouver dans des soirées où seul le plaisir simple du jeu est à l'honneur. Ce phénomène peut s'observer fréquemment dans différents endroits de la ville. Par exemple, lorsque l'hiver le permet, une gigantesque bataille de boule de neige oppose le quartier de Kreuzberg à celui de Neukölln au Görlitzer Park, de même, la Villa, sorte de maison hantée à Landsbergerallee, est un endroit où l'on peut passer des nuits à jouer au poker déguisé en mafieux russe, le Schmutzige Hobby quant à lui, littéralement, "hobby sale", est un bar gay où le gérant organise une sorte de jeu télévisé permettant de gagner des prix. Il existe également des concepts de soirée qui continuent sur plusieurs années, comme c'est le cas pour le fabuleux monde de la Bohème sauvage. Bienvenue Un samedi soir, aux alentours de 22h30, les badauds présents sur la Rosa Luxembourg Platz dans le quartier de Mitte, voient défiler devant leurs yeux un surprenant cortège rassemblant Bohémiens, divas, gigolos, mafiosi époque prohibition, dandys, danseuses de cabarets ou encore de French cancan. Ces personnes venues d'un autre temps se sont données rendez-vous pour faire la fête. Papillonnant entre plumes et volutes de cigares, ce singulier groupe se dirige petit à petit vers l'entrée du Grüner Salon, proche du foyer légendaire de la Volksbühne. Un petit homme au visage tout peinturluré de vert et de rose, faisant penser à la fée qui habite le fond des verres d'absinthe, vous accueille le sourire aux lèvres. Il vous tient la porte et vous propose un Grand Marnier chaud le temps de passer au vestiaire puis d'entrer dans l'univers de la bohème sauvage. La nostalgie des années folles. La bohème Parisienne, de Montmartre à Montparnasse, du Moulin rouge et de Toulouse Lautrec, a laissé place au conflit sanglant de la première guerre mondiale, une nouvelle génération insouciante a surgi bercée de musique Jazz venue d'Amérique, elle veut se divertir et surtout plus jamais ça. C'est cette atmosphère de frivolité et de détachement que la Bohème Sauvage cherche à recréer. Délaissant la célèbre musique électronique des clubs Berlinois, les participants à cet évènement ont choisis de revenir plusieurs dizaines d'années en arrière pour vivre le temps d'une soirée, l'esprit de désinvolture et de légèreté des années vingt en Europe. Il s'agissait à l'origine de fêtes privées dans l'esprit de cette époque, organisées par les sœurs Else et Emma Edelstahl. Elles ont, depuis 2006, décidé d'ouvrir ces soirées au public et rassemblent désormais une fois par mois, des personnes de tous horizons qui vivent cette époque au quotidien, qui aiment plonger dans des rôles ou des personnages ou qui sont simplement venus à soirée insolite pour s'amuser dans un cadre exceptionnel. Les seules exigences requises sont de porter une tenue dans le thème de la soirée ainsi qu'avoir un goût prononcé pour la fête et le jeu. Le divertissement mondain. Tout l'univers de cette époque est retranscrit et respecté jusque dans ses moindres détails. Aucune musique moderne mais essentiellement d'incontournables Charlestons, Swing, Hot Jazz, valse, tangos, Cha Cha Chas, Mambo ou encore Rumba. Les danses sont bien entendu en accord avec la musique (Quick Step, Fox Trott, Valse). Pour votre plus grand plaisir et celui de vos yeux, la scène accueille diverses prestations comme un show de claquette du petit homme vert ou bien un magnifique "effeuillage" en règle, digne des meilleurs cabarets de ce temps. Le jeu occupe également une place prépondérante dans la soirée. Dès l’entrée, on vous propose d’incarner un protagoniste d'une pièce de théâtre ou d'un film (Pygmalion de George Bernard Shaw, pièces de Bertold Brecht...), personnage possédant un signe distinctif propre à un groupe d'invités. La seule façon de gagner est de reformer l'œuvre en descellant chez les participants, le signe qui les rassemble tel que se toucher le bout du nez ou se lisser les sourcils. Enfin, pour rester dans le thème, il fallait bien évidemment aménager la salle adjacente en casino. C'est dans cette dernière que des tables de Poker, de Black Jack et de Roulette vous attendent pour de folles parties se déroulant sous l'œil vigilant des croupiers. L'argent est donné au début de la soirée sous forme de faux billets de plusieurs milliers de marks pour être en accord à la terrible inflation de la crise de 29. Ce sont ces derniers qu'il faut changer en jetons afin de pouvoir jouer. Si une chance insolente vous accompagne, vous pourrez troquer vos gains contre les fameux verres d'absinthe adoucis d'un sucre enflammé; si au contraire vos jetons fondent à vu d'œil, il est toujours temps de limiter vos pertes en vous réfugiant sur les canapés devant un film muet ou en retournant danser jusqu'à en provoquer le tournis chez votre partenaire. Ces soirées se terminent souvent au petit matin et lorsque l'on en sort, la féerie laisse place à la déception de quitter ces vêtements pour les plus ternes du quotidien. Heureusement, la prochaine est à la fin du mois... --------------------------------------------------------------------------- WWD /15. Januar 2009 All
Swell aus: http://www.wwd.com/wwd-publications/wwd-fast/2009-01-15?id=1914538#/article/lifestyle- news/all-swell-1917683?navSection=issues&navId=1914538
Berlin hipsters are laying off the electronica and puttin’ on the ritz at a series of parties around the city held in the hippest clubs and most historic hot spots. Making it past the velvet rope at the roving Bohème Sauvage party is not about who’s who, but what you wear. The dress code is dapper, dandy, diva or flapper. This swanky mode is quite a contrast to Berlin’s normally laid-back street look. Fedoras take the place of hoodies, hair is finger-waved instead of flat-ironed and makeup runs to the smoky eye paired with carefully painted Cupid’s bow lips in blood red. Hostess Inga Jacob started the party as a salon for 40 people in her Berlin group house, and it quickly grew to a monthly must-do for 300 to 400 people (with countless numbers turned away at the door of the venue du jour). She’s inspired not just by the styles of the Roaring Twenties, but also the philosophy. “It was an excessive time, but it was also a time when everything was new,” she says. These days, everything’s old, and good vintage can be hard to track down. Musician Dominik Bretsch scoured eBay for his dashing top hat, pairing it with a black suit, bow tie and one perfect red rose. The spitting image of Louise Brooks, with a sweet pink bow tied around her brunette bob, writer Geneviève Schetagne laughingly says of her white drop-waist shift: “It’s actually my wedding dress!” Almost anything goes (but jeans and sneakers are verboten), and there’s room for modern mixing—think flapper grunge, or Bonnie and Clyde in HotPants. Bohème Sauvage guests can partake of absinthe, lose their (fake) reichsmarks at the small casino, watch a burlesque show and cut a rug to hot jazz, swing, Balkan, tango or klezmer after a complimentary Charleston lesson. A cigarette girl not only has tobacco and chocolate treats on offer, but also sells oversize fabric flowers, long strings of beads and men’s suspenders for those guests who feel under-accessorized. Elsewhere in Berlin, Forties fans hot to fox-trot hit the jackpot with Swing Royal at the newly renovated Admiralspalast Theater. The event serves up big bands, jive and glamour girls, and a minishop with vintage fashion and accessories The 100-year-old venue once counted an ice skating rink and a bowling alley among its public pleasures, and now shines with a retro flair on these evenings that pop up about every three months. Berlin’s army of swing aficionados come out in full force—after all, they’ve been taking lessons all over the city to prepare. For those who need a regular fix saloon-style, each Sunday brings Coconut Grove to the restaurant-bar White Trash Fast Food, a kitschy Chinese restaurant–turned-club with design elements from tiki to biker. It’s practically a hipster Disneyland. “Make sure you wear an evening dress,” growls the tattooed man at the bar when asked for a table reservation. Patrons happily knock back cocktails such as Moscow Baby Mules and Pisco Sours, and recent acts include Pinkspots, a cute Andrews Sisters–type trio who harmonize Thirties-style with originals and swinging versions of old songs such as “Chim Chim Cher-ee” in German. With Germany now officially in a recession, these parties also offer good value, even sometimes including a welcoming drink in the entry price. Cover charges run from about 3 euros, or $4.30 at current exchange, to 20 euros, or $28.70. Yet one more reason to party like it’s 1929. --------------------------------------------------------------------------- Tagesspiegel /11. November 2008 Magie
und Mythos aus: http://www.tagesspiegel.de/kultur/Stummfilm-Swing-Party;art772,2658039
„Bohème Sauvage“ heißt eine Veranstaltungsreihe der „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“, die einmal im Monat Mode und Kultur der Weimarer Republik wiederaufleben lässt, zuletzt im Wintergarten-Varieté. Es gilt ein strenger Dresscode, wer nicht wenigstens Hosenträger oder Hut aufweisen kann, bekommt keinen Einlass. Die meisten Gäste sind zum Tanzen gekommen: Charleston oder Walzer. Dazu erklingen Swing, Kabarettchansons und Schlager. Und so feiern die zumeist noch jungen Partygänger in den Kleidern ihrer Groß- und Urgroßeltern eine Kultur, die sich einst mit dem neuen Ausgehzentrum am Kurfürstendamm, mit Revuen und Vergnügungslokalen verband. Für einen Abend lässt man die Jeans zu Hause und fühlt sich wie eine Dame oder ein Mann von Welt. Wer in der Weimarer Republik das Geld hatte, reiste mondän mit dem Automobil an und genoss das Nachtleben. Die Angestellten träumten derweil die Träume der Ufa-Filme. „Wenn ich sonntags in mein Kino geh’“, singt das „Trio Ohrenschmalz“ auf der Wintergarten-Bühne und lässt so eine Zeit auferstehen, in der so mancher einen Himmel voller Geigen halluzinierte, während es ihm selbst am Nötigsten mangelte. „Einerseits waren die zwanziger Jahre eine Zeit, in der viele Menschen verunsichert waren und nicht wussten, wie es weitergeht“, sagt Sänger Julius Hassemer. „Andererseits gab es edle, elitäre Veranstaltungen und wilde Partys mit Nacktdarbietungen und anderen Tabubrüchen. Dieser Mythos macht heute noch den Reiz der Zeit aus.“ Der Stummfilm ist Zeitzeuge dieser Epoche Michael Bienert kann bestätigen, dass die zwanziger Jahre immer noch boomen. Er hat sich in zahlreichen Publikationen mit der Ära auseinandergesetzt. Sein Buch „Die Zwanziger Jahre in Berlin“ (Berlin Story Verlag, 19,80 €) ist ein Wegweiser zu den Spuren, die die Zeit der Weimarer Republik im heutigen Berlin hinterlassen hat. „Es gibt im Kern“, sagt Bienert, „drei Berlin-Mythen: zwanziger Jahre, Nazizeit, Berliner Mauer. Die zwanziger Jahre sind der einzige Berlin-Mythos, mit dem sich positive Assoziationen verbinden. Deshalb ist es interessant, hieran anzuknüpfen.“ Auch die von ihm konzipierte Stadtführung „Mit Franz Biberkopf durch den wilden Osten“ (www.stattreisenberlin.de) ist immer noch sehr gefragt. „Das Faszinierende“, sagt Bienert, „ist, dass man damals die Kraft hatte, den Mythos von der ‚modernen’ Stadt Berlin hervorzubringen. Zugespitzt kann man sagen: Das Berlin der zwanziger Jahre hat einen Mythos erschaffen, das heutige Berlin zehrt davon.“ Am unmittelbarsten kann man Glanz und Elend der zwanziger Jahre in einer Kunstform begegnen, die diese Epoche selbst hervorgebracht hat: dem Stummfilm. „Metropolis“, Fritz Langs Klassiker, erzählt vom Rausch der Moderne und übersetzt den Kontrast zwischen Arm und Reich in einprägsame Bilder. Stephan von Bothmer und Thomas Graichen verbindet die Liebe zu diesen Filmen. Pianist Bothmer hat seit 1998 unzählige Stummfilmkonzerte gegeben. Graichen hat sich zum Ziel gesetzt, die Atmosphäre dieser Abende fotografisch einzufangen. Rund 10.000 Besucher kamen bislang zu den Konzerten, genug für Bothmer, um seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen. Den Zuspruch erklärt er mit der speziellen Form des Stummfilms. „Es ist ein Gemeinschaftserlebnis, außerdem ist jeder Abend neu. Ich improvisiere zu den Filmen. Wenn ich Metropolis begleite, lasse ich mich jedes Mal neu inspirieren.“ Dabei greift er nicht einmal Musik aus den zwanziger Jahren auf. Schon in der Weimarer Republik spielten Kinoorchester zu jedem Film eine eigene Musik, die sich von der anderer Kinos unterschied. Auf Graichens Fotos verschwinden durch Langzeitbelichtung die Bilder des gezeigten Films. So erscheint auf ihnen eine strahlend leuchtende Leinwand, die den Kinosaal mit der Magie des Stummfilms ausfüllt. Sie ist auch Jahrzehnte später ungebrochen. In einem Nebenraum der Bohème Sauvage steht derweil die Luft vor Tabakqualm. Gentlemen und Gauner spielen Roulette und Poker, wetten mit Einsätzen von einer, zwei oder fünf Millionen Reichsmark. Aus dem Hintergrund ertönt Zarah Leander: „Davon geht die Welt nicht unter“. Es wäre schön, wenn sie diesmal recht behält. Die Stummfilm-Foto-Ausstellung „An der Grenze des Lichts“ läuft bis zum 28. 11., Vernissage heute 18 Uhr; nächstes Stummfilmkonzert: „Der Mann mit der Kamera“, 18. 11., 20 Uhr, beides im Babylon Mitte. Die nächste Bohème Sauvage-Party findet am 29. 11. im Oxymoron statt, Informationen: www.boheme-sauvage.de. Das neue Programm des Trios Ohrenschmalz „Es geht vOHRwärts“ hat am 6. 12. im Admiralspalast Premiere. (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 11.11.2008) --------------------------------------------------------------------------- Bargiornale (Italien) /November 2008 "In Germania è boom per le serate rétro" von Stefano Nincevich, 14.11.2008, Bargionale
14 Novembre 2008 Una discoteca pro-capite, musica techno sulla pista e raduni oceanici di clubber per la Loveparade. La notte di Berlino è fatta di questo, ma anche di altro. La capitale tedesca è diventata da qualche tempo un punto di riferimento per gli amanti del genere new rétro. Per le strade ci si imbatte in manifesti che propongono corsi e seminari per ballare la musica degli anni '20 e '30. E non c'è locale famoso che almeno una volta alla settimana, non proponga una serata dedicata al charleston, al foxtrot, allo swing, per la gioia di migliaia di fan. Sono una ventina i club, discobar e ristoranti berlinesi (Ballhaus Berlin, Box und Bar, Admiral Palast, Bassy Club, Friedrichstadt Palast, Oxymoron, ecc.) dove fanno furore gruppi come Jerry Jenkins and his Band of Angels o la Dance Orchestra, band composta da venti musicisti, imbrillantinati come Al Capone, con abiti gessati e scarpe bicolore. Note jazz per rivivere un'epoca d'oro Revival per evadere per qualche ora --------------------------------------------------------------------------- Berliner Akzente /Oktober 2008 "Ganz schön verrucht, die wilden Zwanzigern" von Katrin Starke, Oktober 2008, Berliner Akzente aus: http://www.berliner-akzente.de/stadt_szene/artikel_109237.php Ausschweifende Feste, Paillettenkleider, Absinth und Zigarettenspitze – der Geist der Zwanzigerjahre weht wieder durch die Berliner Partylandschaft. Da mutet so manche Festivität wie der Tanz auf dem Vulkan mit Wasserwelle und Federboa an. Unsere Autorin Katrin Starke hat mitgeschwooft. Und für die stilechte Party musste natürlich erst einmal das passende Outfit her. Jeans,
T-Shirts und Turnschuhe sind strengstens verboten. So viel hat Inga
Jacob (27) unmissverständlich vorher klargestellt. Als Else Edelstahl
huldigt sie mit ihrer Partyreihe "Bohème Sauvage" der
Zeit zwischen 1870 und 1940. Im Mittelpunkt stehen die "Roaring Twenties", die verrückten Jahre zwischen den Weltkriegen, die Jahre des Tanzes auf dem Vulkan. Für eine stilechte Party ist also erst einmal eine Einkaufstour angesagt: Ein gewagtes Kleid mit Spagettiträgern, Nahtstrümpfen und dicker Perlenkette muss her. Da
hilft nur ein Besuch bei "Charming Styles" in Prenzlauer Berg.
"Aha, die nächste Party bei Else Edelstahl steht also ins
Haus", weiß Andrea Kiersch sofort. Selbst eine Freundin von
Zwanzigerjahre-Partys, machte sich die 39-Jährige vor sieben Jahren
mit ihrer Maßschneiderei selbstständig. Die studierte Anglistin hat sich ihr Handwerk bei ihrer Oma, einer Schneidermeisterin, abgeschaut. Viele der von der Oma geerbten Schnittmuster dienen Andrea Kiersch heute noch als Basis für ihre Kreationen. "Zur
Zwanzigerjahre-Party darf’s schon extrem ausgefallen sein. Samt,
Federn, Fransen – eben der ganz große Auftritt", hilft
Andrea Kiersch einem unentschlossenen Pärchen. Die Wahl des Herrn
fällt auf ein weißes Stehkragenhemd mit Klappmanschetten,
Fliege, Weste und dazu schwarz-weiße Charleston-Schuhe. Die Haare werden mit reichlich Gel oder Pomade streng nach hinten gekämmt. Für die Dame hat Andrea Kiersch noch den ultimativen Tipp parat: "Die Wasserwelle zu ihrem Outfit bekommen Sie bei Marianne Graff in Moabit." Am
Partyabend übernimmt Else Edelstahl höchstpersönlich
die Einlasskontrolle. Sie hat die blondierten Haare in Wellen gelegt,
die Lippen blutrot geschminkt. Im Austausch gegen die zwölf Euro
Eintritt reicht sie einen Aperitif und 30 Millionen Reichsmark über
den Tresen. "Ja, die Inflation schreitet voran. Für Champagner wird’s nicht reichen, aber mit etwas Glück für ein paar Runden Poker", meint ein Mann im Smoking lächelnd, lüpft seinen Zylinder und verschwindet in der Menschenmenge im Saal. Letzteren hat Inga Jacob festlich hergerichtet – die Wände mit parfümierten Stoffbahnen geschmückt und Schwarz-Weiß-Fotos der alten Stummfilm-Stars aufgehängt. Damen
in rückenfreien Kleidern und mit Federboas um den Hals stehen bei
Herren in Nadelstreifenanzügen, flirten mit kokettem Augenaufschlag,
als ein Dandy mit weißer Schlägerkappe und Knickerbockern
durch den Raum schlendert. "Gestatten, Alexander von Stahl",
stellt sich der Mann vor, der auf einem der Barhocker Platz genommen
hat. Er trägt Militäruniform und eine Klappe über dem rechten Auge. "Ich bin Kriegsveteran, Sie verstehen", beginnt er das Gespräch. Später gesteht er, dass er die Uniform im Adlershofer Requisiten- und Kostümfundus ausgeliehen hat und mit seiner "holden" Begleiterin zum ersten Mal zur "Bohème Sauvage" gekommen ist. Dafür
beherrscht er die Spielregeln schon perfekt: Mit seinem Kostüm
ist er auch in seine Rolle geschlüpft, parliert gewandt über
Politik und die Lage der Weltwirtschaft – nicht der heutigen,
sondern über die Situation zu Zeiten der Weimarer Republik. Mit derlei ernsten Themen geben sich die Dandys und Gigolos längst nicht mehr ab. Sie warten auf den Beginn der Tanzstunde, um ihrer Herzensdame auf dem Parkett imponieren zu können. Charleston, Swing, Tango – die wichtigsten Schritte werden den Gästen erklärt. Die Musik dazu kommt vom (digitalen) Band – anders als im Pankower Café Garbaty, wo DJ Grammophon einmal im Monat noch Schellackplatten auflegt. Mit weißen Handschuhen, damit die Scheiben keine Kratzer bekommen. Wer
das ausschließen möchte, setzt auf Livemusik. Beispielsweise
auf das Damentanzorchester Escapade, das seit 1999 den "Skandal
im Harem" besingt oder bei musikalischen Perlen wie "In the
Mood" die mondänen Zeiten erneut heraufbeschwört. "Die
Zwanzigerjahre hatten musikalisch einfach mehr Gehalt", begründet
Escapade-Mitglied Petra Sauerwald. Die "Größen der Unterwelt" haben sich bei der "Bohème Sauvage" nach Mitternacht im Casino zu Poker, Black Jack und Roulette versammelt. An Möglichkeiten mangelt es nicht, das Reichsmark-Spielgeld auf den Kopf zu hauen. Es lebe also die Nacht. Wer weiß, was der nächste Morgen bringt – außer einem Kater vom Absinth. Dabei
hat die Tresenkraft ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der hochprozentige
Wermut mit Sodawasser auf Trinkstärke gebracht werden sollte. Doch
als die grün-bläulich schimmernde Flamme vom flambierten Zuckerwürfel
zischend ins Glas tropft, hat so mancher Gast kein Ohr mehr für
den Ratschlag, sondern kauft sich stattdessen noch ein Zigarillo bei
dem Fräulein mit dem Bauchladen. Mehr als fünf Jahre ist es her, dass die damalige Skandinavistikstudentin Inga Jacob zu ihren ersten Salons einlud – damals noch in ihr Friedrichshainer WG-Zimmer, das sie mit Art-déco-Spiegeln und -Stofftapeten stilecht ausstaffierte. Obwohl die Partytermine nur per Mundpropaganda weitergegeben wurden, platzte das Zimmer der Salonière bald aus allen Nähten. Heute
führt sie die Geschäfte der "Gesellschaft für mondäne
Unterhaltung" und richtet monatlich die "Bohème Sauvage"
aus. Dabei geht es ihr nicht darum, die wilden Zwanziger zu inszenieren,
sondern sie in Vollendung zu zelebrieren. So ist Bohème Sauvage für Inga Jacob auch keine Party, sondern "ein rauschendes Fest zu Ehren der Helden vergessener Nächte, an welche die Helden der heutigen erinnern". Und das übrigens künftig nicht mehr nur in Berlin. Auf jeden Fall wiederholen will Inga Jacob die Open-Air-Nacht auf dem Belvedere in Potsdam. Das Experiment in diesem Sommer sei absolut gelungen – mit mehr als 450 Gästen. Außerdem will die Veranstalterin ihre Bohème Sauvage international etablieren: Zwanzigerjahre-Nächte in Athen und Thessaloniki sind schon fest geplant, und für nächstes Jahr hat sie St. Petersburg, Wien, Paris und New York ins Auge gefasst. "Aber das ist noch Zukunftsmusik." Autorin: Katrin Starke --------------------------------------------------------------------------- FAZ /22. September 2008 "Mit Charleston durch den Börsencrash" von Christina Hucklenbroich aus http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~EE301CD02A8C 64E9D8655B43099FD601A~ATpl~Ecommon~Scontent.html Feiern
wie früher Von Christina Hucklenbroich Ganz wie damals: die Zanziger-Jahre-Partys in Berlin 21. September 2008 Dies sind die letzten sorglosen Tage vor dem großen Börsencrash. Wir schreiben das Jahr 1928. Ein Jahr noch bis zum Schwarzen Freitag. Dann wird unter den Anlegern in New York Panik ausbrechen und die Weltwirtschaftskrise beginnen. Auf den Tischen im Grünen Salon der Volksbühne liegt das "Berliner Tageblatt" vom 18. September 1928 aus. Die Titelgeschichte: "Vereinigte Staaten und Reparationsfrage". Einige Paare tanzen zu Charlestonmusik. Die Männer tragen Frack, Zylinder und schmale Menjou-Bärtchen, die Frauen Fransenkleider, Perlenketten und Federboas. Im Hinterzimmer setzt eine junge Frau mit platinblonder Wasserwelle ein Vermögen beim Roulette. In einem Separee, das ein transparenter Vorhang abteilt, laufen erotische Stummfilme. Conférencier Coco legt auf der Bühne eine Steppeinlage hin. "Irgendwo muss auch Cocos Halbschwester Chloé herumlaufen", sagt Vincent von Verden, ein vornehm gekleideter Berliner Delikatessenhändler. "Chloé kommt aus Paris", sagt von Verden, und tatsächlich spricht die schwarzhaarige Bohèmedame mit Akzent, als sie vor dem Blackjacktisch auftaucht und aus ihrem Bauchladen Zigarren, Schokolade, Zigarettenspitzen, Hosenträger und Perlen für die Dame feilbietet. "Eigentlich kommt sie natürlich auch aus Berlin", sagt der Feinkosthändler. "Aber so ist halt das Spiel." Salon im Stil der Zwanziger Das Spiel? Es ist Samstagabend, der 20. September 2008, im Grünen Salon in Berlin-Mitte. Vincent von Verden heißt im wirklichen Leben Tom Folwarkow und organisiert die Pressearbeit für "Bohème Sauvage", eine Veranstaltungsagentur für Zwanziger-Jahre-Partys. Seit zwei Jahren wird einmal im Monat eine Party in wechselnden Etablissements in Berlin angeboten. Die Gründerin, die 27 Jahre alte Performance-Künstlerin Inga Jacob, begann vor vier Jahren damit, für Freunde und Bekannte in ihrer Wohnung einen Salon im Stil der Zwanziger zu geben. Schon damals nahm die Gastgeberin gerne die Identität von Else Edelstahl an: "Else", so Jacob, "ist eine Lebenskünstlerin, die man kennen muss, wenn man es in der Berliner Bohème-Szene zu etwas bringen will." Seit die Salons zu "Bohème Sauvage" wurden, muss man mit Else nicht mehr persönlich bekannt sein. 300 bis 600 Gäste kommen zu den Festen, die etwa 12 Euro Eintritt kosten. "Schon während der privaten Salons hatten alle Gäste Spielnamen und Spielcharaktere", sagt Inga Jacob. Das macht für viele Besucher bis heute den Reiz aus. Der 28 Jahre alte Christian, im wirklichen Leben Wirtschaftsprüfer, schlüpft für die Samstagnacht in die Rolle des Berliner Advokaten Christian de Borneo. Der 29 Jahre alte Opernsänger Alexander wird für ein paar Stunden der junge Freiherr von Schlittow aus Mecklenburg-Strelitz: "Der Freiherr bringt das Erbe seines Vaters durch." Kostümverleihe erste Anlaufstelle Mit dieser Sehnsucht nach Abenteuer und Überfluss, die man bei der "Bohème Sauvage" eine Nacht lang ausleben kann, ist Alexander nicht allein: Viele Männer stellen sich als junge Adelige vor, die das Geld ihrer Familie verprassen. Zu ihnen gehört auch Stefan, 35, Tischlermeister, der in einem selbst geschneiderten Anzug aus silbernem Seidendamast an der Absinthbar lehnt. "Der Graf ist ein Dandy und lebt von den Apanagen seiner Familie", sagt er über seine Rolle. Stefan ist ein Veteran des Salons, der vor vier Jahren bei Else Edelstahl begann. "Auf den öffentlichen Partys verflacht der eigentliche Gedanke, denn es geht hier nur um Amüsement auf einer breiten Basis", kritisiert er. "Bei den privaten Salons wurde ein Datum gesetzt, zum Beispiel die Eröffnung der Funkausstellung 1924, und alle Gäste hatten sich vorher belesen, um nur über das Konversation zu betreiben, was bis zu diesem Zeitpunkt historisch wirklich passiert war." Dazu gehört auch, zwischen den "Wilden Zwanzigern" der Inflationszeit zu unterscheiden und der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, den "Goldenen Zwanzigern", als zu Exzessen, künstlerischer Blüte und Freiheitsdrang ein leichter Wirtschaftsaufschwung kam. Die Kommerzialisierung wundert Stefan aber auch nicht: "Es gab schon vorher eine große Zwanziger-Jahre-Szene in Berlin, die sich jetzt mit eben mit den familiären Salons von Fräulein Edelstahl vermischt." Wenn die Zwanziger-Jahre-Szene eine Gesellschaft oder einen Salon plant, merken das vor allem die Kostümverleihe in Berlin. "Die Damen wollen Charlestonkleider, Boas und Kopfreifen mit Federn", sagt Antje Schrader, Kostümmeisterin des DDR-Fernsehfundus in Adlershof. "Für die Herren müssen es gestreifte Anzüge sein. Auch Gangsterhüte und Gamaschen nehmen sie gerne." Bei "Bonnie und Kleid" in Kreuzberg haben die Kunden ähnliche Wünsche. In dem kleinen Laden im Halbparterre suchen die Studentinnen Elisa und Regina nur wenige Stunden vor Beginn der "Bohème Sauvage" ein passendes Ensemble. Noch tragen die Fünfundzwanzigjährigen Fleecejacken, Röhrenjeans und Turnschuhe; damit würden sie aber beim Einlass der "mondänen Gesellschaft" abgewiesen. Die Entscheidung für ein lilafarbenes Charlestonkleid fällt schnell. Bei den Schuhen müssen sie länger überlegen: Man sollte sich auf ihnen auch nach dem zweiten Glas Absinth noch halten können. Der Absinth - echt oder nicht echt? Überhaupt, der Absinth. In den Ecken des Grünen Salons hört man die Partygäste raunen: "Das ist ja gar kein echter. Echter Absinth ist doch verboten!" Der, über den Hemingway in Romanen und im Tagebuch schwärmerisch schrieb ("War gestern abend auf Absinth") und mit dem sich viele Künstler um den Verstand soffen, der ist es natürlich nicht. Er wurde schon vor den "Goldenen Zwanzigern" verboten und dann nur noch schwarz gebrannt. Der hohe Gehalt an Wermut, hieß es, könne Wahnvorstellungen auslösen. Verboten ist Absinth heute nicht mehr, aber seine Zusammensetzung wird reglementiert. Bei der "Bohème Sauvage" gibt es ihn mit und ohne Anisgeschmack. Stilecht wird er durch ein Stück Zucker hindurch eingegossen, das auf einem Löffel über dem Glas liegt. Die Bardamen zünden den durchtränkten Zucker an, der in einer blauen Flamme karamellisiert, bevor er in den Absinth eingerührt wird. Dann füllt man das Getränk mit Wasser auf. Es ist fast eins, als Medizinstudent Baran und Lehramtsstudentin Silja ihre Jacken an der Garderobe abholen. Die letzten sind sie nicht: Bis zum frühen Morgen dauert eine Gesellschaft der "Bohème Sauvage". Dann wird das rote Licht gelöscht, und Stunden später müssen unzählige schwarze, rote und pinkfarbene Federn von der Tanzfläche gekehrt werden, weil sie sich beim Charleston aus den Boas gelöst haben. "War mal was anderes, nicht so eine Mainstream-Party wie sonst in Berlin", sagt Baran. Silja fand es gut, dass es einen Charleston-Einführungskurs gab und so viele Männer getanzt haben. Den Bühnenauftritt von Robert Kreis um Mitternacht haben sie auch noch gesehen. Der Kabarettist schmetterte Schlager und belebte die Verse wieder, mit denen man sich am Ende der Goldenen Zwanziger über die Finanzkrise hinwegtrösten wollte: "Und wenn die Börsen krachen, mach ich aus meinen Aktien Drachen - um sie ein letztes Mal steigen zu sehen." Text: F.A.Z. --------------------------------------------------------------------------- Preußische Allgemeine Zeitung /September 2008 --------------------------------------------------------------------------- Berliner Morgenpost /31. Juli 2008 --------------------------------------------------------------------------- PRINZ Berlin / Juli 2008 --------------------------------------------------------------------------- Textilwirtschaft / Juni 2008 --------------------------------------------------------------------------- Berliner Morgenpost / Juni 2008 "Tanzen wie in den wilden Zwanzigern" von Tina Molin, 28. Juni 2008, Berliner Morgenpost --------------------------------------------------------------------------- ital. Magazin / Mai 2008 Articolo Swing , Mai 2008 --------------------------------------------------------------------------- Stuttgarter Zeitung / April 2008 "Mit Else Edelstahl zum Tanz" von Katja Bauer, 12. April 2008, Stuttgarter Zeitung --------------------------------------------------------------------------- Submarine Athen / März 2008 Am 05. März 2008 fand die erste BOHÈME SAUVAGE im Ausland, nämlich in Athen, Griechenland statt. Falls Sie des Griechischen mächtig sein sollten, lesen Sie hier den Bericht aus dem Magazin "Submarine". --------------------------------------------------------------------------- aus: http://dweb.repubblica.it/dweb/2008/02/23/lifeetendenze/dspie/206ris586206.html Life e Tendenze D Spie SpieFenomeni Euforia da swing Abiti Charleston, pettinature alla Louise Brooks e occhi felini. Nella Berlino by night esplode la swinging-mania. Con serate danzanti e feste anni Venti di Daniela Zenone Nelle notti di Berlino risuona la passione per lo swing. Non c'è locale che almeno una volta alla settimana non offra una serata a tema; scuole di ballo lanciano corsi e seminari per imparare i passi del ballo "ondeggiante"; da ogni angolo spuntano nuove orchestre con trombettisti imbrillantinati stile Al Capone. Ragazzi improvvisamente galanti, ragazze stilizzate e pettinate. Il 2008 per qualche ora è lontano. Dominano un'estetica e un gusto d'altri tempi, che per i berlinesi contemporanei sono sinonimo di estro, dandismo, trasgressione. Ritmi jazzati riempiono il Chlärchens Ballhaus (www.ballhaus.de), locale all'avanguardia nel quartiere di Mitte, e agli appuntamenti di Swingin' Ballroom, nel più sofisticato Admiralpalast, la musica rievoca atmosfere alla Cotton Club, quando ancora Duke Ellington, Benny Goodman e Count Basie erano gli idoli di intere generazioni. Sulle stesse note di ora sono soprattutto i giovani che si lanciano in scatenate maratone di ballo, come succede alle serate a tema nella balera del Ballhaus Berlin o nel club Box und Bar ogni mercoledì sera, quando a scegliere i dischi è dj Tina, ormai ricercata specialista del genere. Alternativa o proseguimento delle notti danzanti sono gli swing brunch, ogni domenica all'Opernpalais (Unter den Linden 5), con la partecipazione dell'orchestra Swing Dance Band (www.swingdanceorchestra.de) oppure i concerti pomeridiani al caffè arredato anni Quaranta Swing Diele (www.swingdiele.de) nel quartiere di Charlottenburg. Gli eventi dedicati allo swing sono un viaggio nel tempo dove chiunque può trasformarsi, anche solo per qualche ora, in un personaggio che traspira fascino blasè. Brillantina, abiti doppio petto, scarpe di vernice, frack, cilindro, binocolo per lui; perle, pettinatura con le onde, abiti fruscianti in seta e lamé per lei. La voglia di rivivere ironicamente quei tempi dorati si ripete nelle feste itineranti Bohème Sauvage (www.boheme-sauvage.de), durante le quali i partecipanti assumono l'identità di un personaggio famoso dell'epoca. Così, se vi capiterà di partecipare a uno di questi appuntamenti che mensilmente si svolgono in diversi spazi della città, non stupitevi se un signore elegante si presenta come Otto Dix e se la dama che vi offre un bicchiere di assenzio è il clone di Josephine Baker. I requisiti filologici d'obbligo? Bocchino, cappello di piume, portasigarette, borsetta, grammofono, bicchieri, mobilio e porcellana. Tutto è disposto per rivivere un sogno dove il conférencier della serata introduce gli ospiti, invita al gioco del poker e racconta storie degli anni Venti, quando Berlino brillava per divertimenti e trasgressione. Per prepararsi all'evento, i new swinger si truccano a regola d'arte, sperimentando con precisione filologica pettinature e trucco vintage. Per l'abbigliamento ricercano abiti e accessori nei negozi dell'usato o nei mercatini delle pulci. Ma non solo. In città c'è chi si è specializzato in moda new-swing-rétro: si possono acquistare abiti ideati e realizzati da giovani firme come Pony Mädchen (www.ponymaedchen.de) che tradotto significa le ragazze con la frangetta, Frozen Hibiscus (www.frozen-hibiscus.de) e Marlenes Töchter, le figlie di Marlene (www.marlenes-toechter.de). Lo slancio nostalgico non conosce barriere e al look 20s si aggiungono spesso tocchi di stile anni 30, 40 e 50. Tutto è permesso: pin-up con il caschetto alla Louise Brooks e femme fatale da cinema muto in versione sexy contemporanea, come Dita Von Teese. (Sabato 23 febbraio: Bohème Sauvage party, club Oxymoron, Rosenthaler Straße 40/41-Berlino) LA tuta È online E c'è anche chi, al contrario, di travestimenti vintage, ore passate da truccatori e parrucchieri e scouting senza sosta nei mercatini dell'usato, proprio non ne vuole sapere. Perché l'antidoto alla ricerca di una perfezione estetica fatta di sovrapposizioni di dettagli, esiste. Si chiama tuta (da lavoro), è funzionale, non ha bisogno di essere abbinata a nulla perché è un pezzo unico, ma soprattutto è sempre più stylish. Fino al punto di diventare l'oggetto di un concorso internazionale, The European Tuta Awards, indetto dalla Fondazione Museo del Tessuto di Prato. Competizione che ha visto in gara oltre 400 giovani designer provenienti da tutto il mondo. Ai tre vincitori (a lato, il modello che si è aggiudicato il primo premio disegnato dall'italiana Daria Dazzan) è spettato l'onore di vedere le proprie creazioni esposte accanto a quelle di Thayaht, l'artista che negli anni 20, dopo aver collaborato con l'atelier parigino di Madeleine Vionnet, inventò il celebre capo "a T" (in mostra fino al 14 aprile 2008 al Museo del Tessuto di Prato). Ma non solo: i neointerpreti del workwear del futuro si sono guadagnati un ingresso immediato nella comunità virtuale di Second Life. Primo step verso la notorietà. Visto che la piattaforma online ha un bacino di utenti (e quindi potenziali consumatori) di 9 milioni di persone. (Per ulteriori informazioni: www.tutaward.eu) --------------------------------------------------------------------------- aus: http://www.staedte-reisen.de/berlin/ausgehen/bericht/boheme_sauvage Staedte-Reisen.de / Februar 2008 BOHÈME
SAUVAGE Berlins
erfolgreiche Veranstaltungsreihe "Bohème Sauvage" geht
am 23. Februar 2008 in die 19. Runde. Auf der Bühne steht diesmal
der grossartige Salontenor Daniel Malheur mit Interpretationen der Schlagerkunst
der 20er-Jahre. Roulette
im Hinterzimmer Roulette
im Hinterzimmer --------------------------------------------------------------------------- TIP Berlin Nr.24/2007 - 15.11-28.11.07 Titelseiten-Artikel "Ballfieber" hier zum PDF Download --------------------------------------------------------------------------- aus: http://www.rbb-online.de/_/stilbruch/beitrag_jsp/key=6738655.html RBB Online - Stilbruch vom 29.11.2007 von Felix Oehler Party-Trend: Zwanziger Jahre wieder en vogue Die junge Berliner Boheme feiert im Stil der Zwanziger Jahre. Auf dem Tanzparkett wird zu Swing, Charleston und Tango gehottet und geschoben, an den Tischen wird Roulette und Blackjack gespielt und wer Einlass will, muss vorher zum Kostümverleih. Für 12 Euro Eintritt erhält man 30 Millionen Reichsmark, Absinth und Zigarillos. Flashback in die Roaring Twenties. Nostalgieparties bedienen die neue Sehnsucht nach den guten alten Zeiten. Stars des Abends sind die Gäste selbst. "Leute, die hierher kommen, stehen stundenlang vor dem Spiegel, kämmen sich die Haare, machen sich Wasserwellen, ziehen sich jeden Monat ein neues Kleid an und beteiligen sich am Ganzen. Sie stellen einen Teil des Amüsements und unterhalten sich auch gegenseitig." Heiko, Manuela, Karsten, Imke, René und Antonia. Die Reise in die Vergangenheit beginnt Stunden vorher. Mit vielen Requisiten bereiten sie sich auf eine lange Nacht vor: ganz im Stil ihrer Groß- oder Urgroßeltern. "Bei
mir ist es eine Sehnsucht nach einer Zeit, die es heute nicht mehr gibt
und die ich gerne gelebt hätte." Jeder schlüpft in sein Kostüm und damit in seine Rolle. Selbstverwirklichung für eine Nacht. Zum Lumpenproletariat der 20er will natürlich keiner gehören. "Ich
bin von Beruf Sohn, der jüngste Spross der von Droschke-Hülsdorfs,
Bernhard Donatus." Bohème Sauvage: Wild, schillernd und ausgelassen wird gefeiert. Sehen und gesehen werden. Man tanzt Foxtrott, Shimmy und Charleston. Die Männer: Gigolos und Dandys. Die Damen rauchen mit langer Zigaretten-Spitze, tragen Bubikopf und Wasserwelle und zeigen Bein. "Man
hat mal die Chance, ein bisschen was aus sich zu machen, ohne dass man
gleich dekadent wirkt." Treibstoff
der langen Nacht ist Absinth. Stilgerecht mit flambiertem Zuckerwürfel
verrührt und dann mit Eiswasser auf Trinkstärke gebracht. Eine Nacht im Ausnahmezustand. Jeder genießt, soviel er kann. Denn morgen grüßt es wieder: das triste und nüchterne 21. Jahrhundert. Autor: Felix Oehler --------------------------------------------------------------------------- aus Mit
Charme und Scheitel Erinnerung an verruchte Zeiten. Das Outfit muss stimmen, wenn sich 20er-Jahre-Fans treffen. - Foto: David Heerde BERLIN - Zur Begrüßung gibt es etwas „Koks der reichen Leute“. In den Goldenen Zwanzigern war das Wodka, und der war fast unbezahlbar – Kokain gab es damals als Schmerzmittel in der Apotheke. Authentizität ist eben das oberste Gebot bei den monatlichen „Bohème Sauvage“-Partys der „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“. Gastgeberin Else Edelstahl versetzt hier ihre Gäste in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Und die legen großen Wert auf stilsicheres Erscheinen: „Junger Mann, Sie hier? Was für eine Überraschung!“ Ein Mittzwanziger in Anzug und mit reichlich Pomade im Haar klopft seinem Nachbarn mit einem beschlagenen Gehstock auf die Schulter. Das Frollein daneben begrüßt er mit Handkuss. Ihre Lippen sind tiefrot geschminkt, ihre Augen schwarz umrandet. Auf den Festen von Else Edelstahl siezen sich Berliner Szenegänger plötzlich. Zwanzigjährige tauschen ihre Röhrenjeans gegen rückenfreie Paillettenkleider und Federboas. Elegant halten die Damen Zigarettenspitzen in ihren behandschuhten Händen. Das Outfit ist entscheidend, in Jeans und T-Shirt gäbe es für niemanden Einlass. Im E-Mail-Newsletter gibt die Gastgeberin vorsorglich die Adressen eines Kostümverleihs an. Sie selbst trägt Herrenweste und hat ihre blonden Haare in Wellen gelegt. Früher hat die 26-Jährige, die eigentlich Inga Jacob heißt, bei sich zu Hause zum Salon geladen. Die Wände ihres WG-Zimmers hatte sie mit Stofftapete bezogen, in den Ecken standen Art-DécoSpiegel. Mit der Zeit aber kamen immer mehr Freunde und Bekannte, um sich für einen Abend in die Rolle einer verruchten Diva oder eines galanten Gigolos zu versetzen. Dazu reicht das Wohnzimmer längst nicht mehr. Die Feste finden heute an verschiedenen Orten statt. Jacob reizte das „Verruchte“ an der Zeit um die Jahrhundertwende und zwischen den beiden Weltkriegen: „In Berlin herrschte damals Endzeitstimmung, es wurde extrem gefeiert.“ Jacob hat kurzzeitig Skandinavistik studiert, heute organisiert sie die Partys mit ihrer Event-Agentur in ihrem Wohnzimmer – Spezialgebiet Kostümfeste. George – „mit weichem ,sch‘ gesprochen“ – hat sich früher für mittelalterliche Ritterspiele interessiert. Heute trägt er Frack und den Zylinder seines Urgroßvaters. Dass der etwas zu klein ist und schief auf seinem blonden Pferdeschwanz sitzt, scheint ihn nicht zu stören. „Wenn man hier einen Korb bekommt, dann bekommt man ihn mit Stil“, sagt er und schlägt die Beine übereinander. Aus dem Separee hinter ihm dringt Gekicher durch die Vorhänge aus fließendem Samt. Für die Dekoration der Veranstaltungsorte braucht Inga Jacob mit ihren Freunden schon mal eine ganze Nacht. Anschließend sind die Wände mit parfümierten Stoffbahnen verhangen, hinter der Bar stehen Kerzenleuchter, an den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotos aus vergangenen Zeiten. Ein Billett kann man für zwölf Euro erwerben, im Austausch erhält man am Eingang 30 Millionen Reichsmark. Dafür gibt es Absinth oder Zigarillos beim Bauchladenmädchen zu kaufen. Dieses kann man übrigens auch bitten, einen geheimen Liebesbrief auszutragen. Oder man haut die inflationären Millionen einfach bei einer Runde Black Jack oder beim Roulette auf den Kopf. Auf dem Tanzparkett läuft Musik der 20er bis 40er Jahre: Swing, Charleston und Tango. Estella von Breitenstein ist mit ihrer ganzen WG gekommen. Ihre Freundinnen sprechen sie mit „Chérie“ an, sie spielt mit den Perlenketten, die um ihren Hals hängen. George schlingt seinen Arm um eine geheimnisvolle Schöne in langem Abendkleid. Der Zylinder sitzt noch schiefer als zuvor, aber trotzdem wirkt er irgendwie elegant. Die Bohème Sauvage No. 17 findet am 24. November ab 23 Uhr im Oxymoron, Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41 statt, Eintritt: 12 Euro. Infos unter www.boheme-sauvage.de (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 20.11.2007) --------------------------------------------------------------------------- vom 09.08.07 aus wuz.it - http://www.wuz.it/news/37805/mode-germania-revival.html Mode: Germania revival anni '20 --------------------------------------------------------------------------- Feiern
wie die Weimarer Bohème Sie
las Autobiografien, Geschichtsbücher und eröffnete schließlich
vor gut drei Jahren einen eigenen Salon im Stil der Zwanziger Jahre.
Die Kulisse bildete das Wohnzimmer ihrer Studenten-WG, das sie mit gemusterten
Stofftapeten, Brokat-Sofas und zierlichen Vitrinen in einen Salon verwandelt
hatte. Als Bar diente der Kleiderschrank. Der "Salon Edelstahl"
zog Schauspieler und Künstler an - Menschen eben, die sich eher
der echten als der digitalen Bohème verbunden fühlen. 15
Euro kostete ein Abend - Absinth inklusive, Vorbereitung erwünscht.
"Wir haben das richtig ernst genommen und uns nur über Themen
unterhalten, die an dem Abend vor 80 Jahren aktuell waren. Zum Beispiel
die Funkausstellung von 1924 oder die neuesten Kompositionen von George
Gershwin." Natürlich waren auch die Kostüme so echt wie
möglich: Die Damen kamen mit Wasserwelle, schwarz geschminkten
Rauchaugen und Paillettenkleid, die Herren mit Frack und Gehstock. Obwohl
die Party-Termine nur als Geheimtipp unter Freunden weitergegeben wurden,
drängten sich die Salonlöwen bald zwischen den Art Déco-Möbeln
und Inga Jacob wurde von der Salonière zur offiziellen Partyveranstalterin.
Einmal im Monat lädt sie an wechselnden Orten zur "Bohème
Sauvage - Gesellschaft für mondäne Unterhaltung". Was
sie macht, kann man als praktischen Geschichtsunterricht sehen, als
Realitätsflucht oder als Histotainment - aber das hört sie
nicht gerne. "Ich steh auf Geschichte. Aber nicht so die Politik
und die Fakten, sondern die Mode, die Gesprächsthemen und das Lebensgefühl." Der Wohnzimmer-Salon ist inzwischen ihre Firmenzentrale. Zwischen schweren Stoffen und hohen Spiegeln stapeln sich Kartons mit Flyern. Auf dem Tisch stehen gleich zwei Laptops, auf denen Jacob die Musik für die nächste Party ordnet. Schlager sind darunter, aber auch elektronische Tangoklänge. Hier siegt ausnahmsweise mal der Pragmatismus über die Perfektion und das digitale MP3-Format über die Schellackplatte. Die Bohème-Sauvage-Partys nennt Inga Jacob einen verlängerten Salon. Und in der Tat schafft sie es, die intime Wohnzimmeratmosphäre auch bei 300 Gästen aufrechtzuerhalten. Die wichtigste Rolle dabei spielt die Kleidung. Inga Jacob übernimmt die Einlasskontrolle selbst und ist mit der blonden Marlene-Frisur und der Herren-Weste ein lebendes Stilvorbild: Jeans und Turnschuhe gehen schon mal gar nicht. Fliegen, Federboas und Nahtstrümpfe sind dagegen sehr willkommen. Es muss nicht perfekt sein, aber wer sich offensichtlich keine Mühe gibt, kommt nicht über die Schwelle. In der Email-Einladung gibt Inga Jacob vorsorglich die Adressen von spezialisierten Kostümverleihen und Friseuren an. Die hohen Ansprüche, die die Bohème-Sauvage-Organisatoren an ihre Gäste haben, stellen sie auch an sich selbst und die Ausstattung. Gezahlt wird in Reichsmark. Zu kaufen gibt es Absinth, Zigarettenspitzen aus dem Bauchladen oder eine Umdrehung am Roulettetisch. "Wir dekorieren gut zehn Stunden vor jeder Veranstaltung. Vieles merken die Gäste gar nicht. Zum Beispiel, dass wir die Tapetenstoffe parfümieren", sagt der Mitveranstalter Konstantin Prochorowski und dreht seinen silberbeschlagenen Spazierstock in den Händen. Paradoxerweise ist es genau der beiderseitige Aufwand von Gastgebern und Gästen, der bei den Bohème-Sauvage-Abenden für eine lockere Stimmung sorgt. Die Gespräche ergeben sich beim Charleston-Tanzkurs wie von selbst, es wird viel gekichert und kokett mit den falschen Perlenketten gespielt. Die Stammgäste, die für die Zeitreise bis aus Hamburg kommen, haben sich sogar Fantasienamen wie "Lady Lou" oder "Franz-Ferdinand Baron von Schifkovic" zulegt. Dass der Baron in Wahrheit Student und Football-Spieler ist, interessiert hier niemanden. "Bohème Sauvage spricht eine soziale Mischung an, die man so auf keiner Party findet", beobachtet Inga Jacob zufrieden. Auf der Tanzfläche schreitet ein altes Ehepaar die Tänze seiner Jugend ab. Daneben versuchen sich zwei Mädchen an ihren Teenager-Tanzkurs zu erinnern. Vielleicht, so hofft die Veranstalterin, entsteht eines Tages eine richtige Zwanziger-Jahre-Szene in Deutschland. So wie es sie schon für das Mittelalter oder die Rockabilly-Ära gibt. Bis dahin leistet Inga Jacob Aufklärungsarbeit in Sachen Stil: "Da kommen manche mit so einem Fummel aus der Faschingsabteilung und denken, sie sind jetzt ein Flapper-Girl." --------------------------------------------------------------------------- aus Berliner
Salonkultur Wer in der Hauptstadt hip sein will, geht nachts in so genannte Salons. Auf der "Bohème Sauvage" in Berlins Mitte tanzen alt und jung zu Swing, Boogie-Woogie und Foxtrott. Wer es noch spezieller mag, besucht den "Erotischen Salon" oder den "China Club". Sich
so zu stylen, als wäre man gerade aus dem Bett gefallen, ist in
den meisten Berliner Clubs quasi der Dresscode. Sich kunstvoll vor dem
Spiegel zurechtzumachen dagegen uncool. Doch genau diese kunstvolle
Ausstaffierung ist es, die den ungeheuren Reiz von "Bohème
Sauvage" ausmacht, der Neuauflage einer wilden Tanznacht, wie sie
zu Beginn des letzten Jahrhunderts in Berlin gang und gäbe war. Kurz
darauf folgt ihnen eine Gruppe dreier junger Herren, ebenfalls formvollendet
gekleidet, mit Sakko, Weste und Spazierstöcken. Sie grinsen sich
verschwörerisch an, und erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man,
dass die erhöhte Ausdruckskraft ihrer Augen dem Einsatz eines Kajal-Stiftes
zu verdanken ist. Dann stolzieren sie, in gemessenem Abstand zu den
"Fräuleins", wie unverheiratete Damen hier noch keusch
angesprochen werden, zum Eingang des Salons. Ein
gewisses Fräulein Drusilla hat sich ihr Ouftfit im farbenfrohen
Tiki-Style und tropischen Blüten selbst geschneidert. Dass der
Tiki-Style seine Blüte in den 50er Jahren hatte, wird hier nicht
so eng gesehen. Glücklich, wer eine Großmutter in der gleichen
Stadt hat - deren Paillettenkleider oder Roben mit schwingenden Goldfäden
sind jetzt auf einmal heiß begehrt. Für die anderen gibt
es in Berlin genug Läden, die entsprechende Ausstattung verkaufen
oder verleihen. Nur
einmal im Monat findet die Party statt, und die Stimmung vibriert so
fühlbar, dass man sich tatsächlich in die Goldenen Zwanziger
zurückversetzt fühlt. Zum Charleston und Swing füllt
sich die Tanzfläche wie von selbst, Männer tanzen mit Männern,
Frauen mit Frauen und Frauen mit Männern. Oder auch ganz allein.
Laisser-faire! Verruchte Wildheit! Nächte ohne Morgen! Die orientalische
Schönheit ist mit ihrem Begleiter allerdings nicht zufrieden: "Tritt
mir nicht dauernd auf die Füße!" herrscht sie ihn etwas
undamenhaft an. Im
verruchten - aber keineswegs verrauchten - Ambiente legt der "Unterhaltungskünstler"
Schallplatten mit Tanzmusik der 20er bis 40er Jahre auf, vermischt mit
Charleston, Tango, Klezmer, französischen Chansons und russischer
Volksmusik. Es ist tatsächlich so, wie es vollmundig in der Einladung
geschrieben steht: Die "Roaring Twenties" röhren bis
in die frühen Morgenstunden, der Goldstaub glitzert in der Luft
und die "leichten Mädchen" halten den Rocksaum beim Tanzen
kokett in der Hand. Improvisiert,
und ein echter Geheimtipp in der Berliner Szene sind die sogenannten
Wohnzimmerkonzerte, die private Salonatmosphäre und gemeinsames
Musikerlebnis kombinieren. Initiatorin ist Elena Brückner. "Weltklassemusiker
und lokale Talente" sollen sich ein Stelldichein im intimen Rahmen
eines Wohnzimmers geben und hautnahen Kontakt mit interessiertem Publikum
suchen. Das Konzept ist schnell umrissen: Drei Musiker, meist Singer
und Songwriter, verwandeln das Wohnzimmer einer Privatwohnung in einen
Konzertsaal und spielen je 40 Minuten. Kommen kann jeder, der sich anmeldet.
Da meist nicht mehr als 40 Stühle in ein Zimmer passen, sind die
Konzerte sehr schnell ausverkauft. Berliner
Salons: Hamburger
Salon: --------------------------------------------------------------------------- aus
Berliner-Nächte Dandys und Wasserwellen Die Partyreihe "Bohème Sauvage" feiert die Vergangenheit. T-Shirts und Turnschuhe sind tabu. Das
Kleid ist kurz, schwarz und spektakulär. Das liegt nicht am Schnitt,
der ist einfach: von Spagettiträgern gerade herunter. Es liegt
an den langen Goldfäden, mit denen das Kleid auf Brusthöhe
gesäumt ist. Ein Glitzervorhang, der sich bei jeder Bewegung ein
wenig öffnet. "Wer das will, muss sich beeilen", sagt
Mariko Kourikan-Pentagram: "Das Kleid trägt jedes Mal eine,
wenn Bohème Sauvage gefeiert wird." An diesem Wochenende
ist es wieder so weit. Berlins bekannteste Zwanziger-Jahre-Party steigt
im Oxymoron. --------------------------------------------------------------------------- http://www.rbb-online.de/_/zibb/beitrag_jsp/key=5100837.html Helge
goes Twenties --------------------------------------------------------------------------- aus Feiern
wie in den Goldenen Zwanzigern Kiki
ist erregt. Die Dame im elfenbeinfarbenen Spitzenkleidchen nestelt nervös
an ihrer überlangen Perlenkette. Ihr Blut in Wallung bringen zwei
elegante Herren, die wortreich um ihre Gunst buhlen. Bonmots schwirren
durch die Luft, jeder Angriff wird geistreich pariert. Plötzlich
ein Aufschrei, Kiki sinkt zu Boden. Eine Dame mit Wasserwellen-Frisur
eilt heran und reicht Riechsalz. Was wie eine Filmszene aus dem Kostümschinken "Stolz und Vorurteil" klingt, passierte letzten Monat im Oxymoron am Hackeschen Markt. Bei der Party "Bohème Sauvage" scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Gäste huldigen den 20er-Jahren, tragen Melone, Spazierstöcke mit Elfenbeingriff, Einstecktücher, Federboas und Zigarettenspitz. "Bohème Sauvage ist keine Mottoparty", sagt Veranstalterin Inga. "Wir verkleiden uns nicht, wir erleben die Epoche." Tatsächlich nehmen die Gäste für diesen Abend eine neue Identität an. Zu glamourös klingenden Pseudonymen wie Else Edelstahl oder Gamaschen Joe entwickeln die Partygänger ganze Lebensläufe. Etwa das Revue-Girl Kiki, die bei den Shows bisher nur in der zweiten Reihe tanzte und nun förderliche Kontakte machen möchte. Veranstalterin Inga lädt seit Mai dieses Jahres zur "Gesellschaft für mondäne Unterhaltung", wie es auf dem Flyer heißt, ein. Gehuldigt wird der Zeit zwischen 1870 und 1940. Die Gäste dürfen als Gigolo, Dandy, Ganove oder Revue-Girl, Cancan-Tänzerin und Diva kommen. Als Programm gibt es 20er-Jahre-Modenschauen, Live-Bands, Burlesque-Striptease und eine DJane, die altes, swingendes Vinyl auflegt. Die Liebe zu den 20-ern reicht bei Inga alias Else Edelstahl vom Grammophon über den Zigarettenspitz, an dem sie lasziv zieht, bis zur Revolution. "Das war eine Zeit des Umbruchs", sagt die Künstlerin. Die Frauenbewegung habe ihre Wurzeln in der Epoche, Korsagen wurden gegen Anzüge getauscht, das Radio erfunden. Auch ihr Kompagnon Konstantin alias Coco hat sich dem Dandytum mit Herz und Hemd verschrieben. Der Jungschauspieler tanzte bei der Party des Stadtmagazins 030 in der Kulturbrauerei mit Melone, Spazierstock und Schalkrawatte in Mitten der Techno-Jünger. "Wir schwelgen in der Zeit, verschließen uns aber nicht der Moderne", sagt Konstantin. Daher wird niemand, der bei "Bohème Sauvage" ein Handy zückt, des Clubs verwiesen. Im Mittelpunkt steht aber die Zeitreise. Und die wird vor allem über kleine Dinge vermittelt. Man siezt sich, die Toilette heißt "Abort", es gibt Lakritzstangen zu kaufen, der Absinth wird nach altem Ritual mit Zucker und Löffel gereicht und die Gäste zocken am Roulettetisch mit alter Reichsmark. Doch die "Bohème Sauvage", die wilde Künstlerschar, spielt nach ihren eigenen Regeln. Da zücken Ganoven wie Gamaschen Joe die Plastikpistole, rauben kurzerhand den Croupier aus und spendieren den Cancan-Tänzerinnen vom ergaunerten Papiergeld Champagner. ----------------- aus http://www.alemaniaparati.diplo.de/Vertretung/mexikogic/es/05/Tiempo_20Libre/Boheme__Seite.html von Paco Arteaga im Oktober 2007 - Deutsche Botschaft - Vertretung Mexico Bohème
Sauvage: Regreso al pasado. Viaje inolvidable a través del tiempo --------------------------------------------------------------------------- aus Wer wollte nicht schon mal Gigolo sein und die ganze Nacht mit einer Zigarette am Roulettetisch sitzen oder mit der schönen Diva eine Runde swingen? Bohème Sauvage lässt die Goldenen Zwanziger mit Absinth und Stummfilmen wieder aufleben. Reingelassen wird nur, wer sich dem Anlass entsprechend gekleidet hat. --------------------------------------------------------------------------- aus In
Berlin the trend is revival 1920 Fashion
Party dated 1920
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